Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Hinwil
17.06.2021
18.06.2021 08:42 Uhr

Gemeindeversammlung Hinwil: ZKB-Geschenk, mit dem nichts passiert

Reformierte Kirche in Hinwil
Reformierte Kirche in Hinwil Bild: SAFE RC/C. Abplanalp
Am 16. Juni fand die Gemeindeversammlung in Hinwil statt. Die meisten Geschäfte gingen ohne Diskussion über die Bühne. Zu reden gab vor allem ein ZKB-Geschenk, von dem die Hinwilerinnen und Hinwiler nichts gewusst haben sollen.

Pünktlich nach dem letzten Glockenschlag um 20 Uhr eröffnete Gemeindepräsident Germano Tezzele am 16. Juni die Hinwiler Gemeindeversammlung in der Reformierten Kirche. Trotz herrlichem Sommerwetter und EM-Spiel Schweiz-Italien, konnten die beiden Stimmenzählerinnen 83 Stimmberechtigte zählen.

Nach der Begrüssung und Informationen zu den Schutzmassnahmen, wird das erste Trakdantum behandelt; die Jahresrechnung 2020 der Politischen Gemeinde. Die Rechnung wurde nach den Erläuterungen von Horst Meier, Ressortvorsteher Finanzen und Liegenschaften, einstimmig angenommen.

Brandschutzfragen zur GUP

Beim zweiten Traktandum, der Genehmigung der Bauabrechnung zur Geschützten Unterkunft für Partnerorganisationen (GUP) und Umnutzung zu Lagerraum, erläutert der Gemeinderat die Abrechnung mit einer Kreditunterschreitung von gut 64'000 Franken. Geringere Kosten bei der Lüftungsanlage, die günstiger als geplant habe vergeben werden können, sowie geringere Elektro-Installationskosten hätten zu den tieferen Kosten geführt.

Ein Votant will wissen, ob aufgrund der wertvollen Kulturgüter auch sämtliche Brandschutzvorschriften geprüft und umgesetzt worden seien. Dies bestätigt der Gemeinderat: Es seien baurechtliche Abklärungen gemacht und sämtliche feuerpolizeilichen Vorschriften eingehalten worden. Die zweite Frage des Einwohners ist, wofür der bewilligte Zusatzkredit von 98'500 Franken verwendet wurde. Grund sei eine Erweiterung der ursprünglich geplanten Nutzung gewesen: Das Ortsmuseum habe während des Projekts die Idee gehabt, die Räume für den Publikumsverkehr, als Showroom und für Führungen, zu nutzen. Diese Weiterentwicklung der Räume bzw. Umnutzung sei im ursprünglichen Kredit nicht enthalten gewesen. Das Ortsmuseum habe sich mit 30'000 Franken an den Kosten beteiligt. Nach diesen Erläuterungen wurde die Bauabrechnung einstimmig genehmigt.

Aufgewertetes Naherholungsgebiet Wildbach

Das dritte Traktandum, die Bauabrechnung zum Hochwasserschutz Wildbach, wird von Beat Amstutz, Ressortvorsteher Tiefbau und Werke, erläutert. Das Bauprojekt, das mit Minderkosten von 117'000 Franken abgeschlossen werden konnte, sei neben dem soliden Hochwasserschutz auch zu einem schönen Naherholungsgebiet geworden. Die Abrechnung wurde einstimmig angenommen.

Kritische Stimmen zur PVA-Anlage

Zu reden gibt das vierte Traktandum, die Bewilligung eines Zusatzkredits von 700'000 Franken für die Erstellung einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Sporthalle Hüssenbüel. Auf der Dreifachhalle mit einer Gesamtfläche von 4'000m2 soll eine PVA-Anlage von 3'000m2 installiert werden. Damit will man die benötigte Energie für Licht, Strom, Warmwasser, Heizung und Lüftung der Sporthalle abdecken. Ein Grossteil der darüber gewonnenen Energie soll jedoch ins Netz eingespeist werden, für das die Gemeinde eine Vergütung von 7 Rappen pro KWh erhalte. Horst Meier nennt das Projekt ein «Leuchtturm-Projekt», das es in der Dimension nicht an jeder Ecke gebe. Es sei ein Beitrag für die energiepolitischen Ziele der Gemeinde Hinwil.

Man habe drei Varianten geprüft: Solargenossenschaft, Contracting, eigene Finanzierung. Die Bildung einer Genossenschaft hätte zu einem organisatorsich hohen Aufwand geführt und wäre zeitlich kaum machbar gewesen, so Meier. Nach Gesprächen mit zwei möglichen Contracting-Anbietern sei man zum Schluss gekommen, dass auch das nicht die ideale Lösung für Hinwil sei, weshalb man sich für die Eigenfinanzierung entschieden habe.

Ein Votant meldet sich zu Wort. Es sei ein weitsichtiger, guter Entscheid, die Sonne als bester und einziger Energiespender zu nutzen. Jedoch entferne sich die Gemeinde vom eigenen Leitbild und entziehe sich der Verantwortung. Der Antrag überzeuge ihn deshalb nicht, weil die Hinwilerinnen und Hinwiler sich damit nicht an der Stromproduktion beteiligen könnten. Der über diese Anlage produzierte Strom würde zu billig an die EKZ verkauft. Er empfiehlt den Stimmberechtigten, den Antrag für den Zusatzkredit abzulehnen, damit im Verbund mit anderen Projekten bis im Herbst 2021 nach beseren Lösungen gesucht werden könne. Horst Meier entgegnet, dass ein gewisser Termindruck bestehe und man in Verzug geraten würde, würde der Entscheid bis im Herbst hinausgezögert.

«Den Hinwilerinnen und Hinwilern kann nichts Besseres passieren.»
Matthias Sauter, Inhaber von arento AG

Zusatzkredit angenommen

Ein weiterer Stimmbürger meldet sich zu Wort. Er ist der Meinung, dass eine so gross konzipierte Anlage keinen Sinn mache, wenn der Strom nicht besser verkauft werden könne. Es wäre besser, man würde dies zusammen mit anderen Liegenschaften im Umfeld der Halle anschauen. Auf die Frage, ob solche Alternativen geprüft worden seien, antwortet der Gemeinderat mit Nein. Weiter bringt der Votant ein, dass nicht nur Strom ein Faktor sei, der berücksichtigt werden sollte, sondern auch das Regenwasser, das über die grosse Dachfläche gesammelt und zum Beispiel für die Rasenbewässerung verwendet werden könnte anstelle von gutem Trinkwasser. Da dies nicht Teil des Antrags sei, werde auf diese Frage nicht weiter eingegangen, sagt Tezzele.

Dominik Trütsch, Energie- und Haustechnik-Spezialist der Hinwiler Firma arento AG, bringt ein, dass das Einbinden von anderen Liegenschaften zwar die Rentabilität steigern könne, durch die unterschiedlichen Anschlüsse aber auch Mehrkosten entstehen würden, welche diese Rentabilität wieder mindern.

Ebenfalls zu Wort meldet sich Matthias Sauter, Architekt bei arento. Der Gemeinde könne mit dieser Lösung nichts Besseres passieren. Es sei der richtige Zeitpunkt für eine solche Investition und ein einmaliges Potenzial. Die Speichersysteme würden immer günstiger werden, was die Wirtschaftlichkeit der Anlage künftig verbessern könne.

Die Versammlung hat den Rückweisungsantrag anschlessend mit offensichtlichem Gegenmehr abgelehnt. Dem Zusatzkredit wurde mit offensichtlichem Mehr zugestimmt.

Ein- und Umzonungen

Andreas Bühler, Ressortvorsteher Bau und Planung, informiert die Anwesenden über die Teilrevision der Bau- und Zonenordnung, unter anderem über verschiedene Ein- und Umzonungen. Die heutige Bauzone Eisweiher soll zur Landwirtschafszone ausgezont werden. Im Gegenzug werde flächengleich ein Teil vom Areal Hüssenbüel zur Wohnzone umgezont. Bei der Wihalden habe es Ungenauigkeiten aufgrund von alten Handzeichnungen gegeben, die nun auf Anliegen der Eigentümer korrigiert worden seien. Der betreffende Abschnitt sei neu Kernzone. Bei der ARA Hinwil soll eine Landwirtschaftszone zur Zone für öffentliche Bauten umgezont werden, damit die ARA aufgrund des Bevölkerungswachstums in der Gemeinde auch entsprechend angepasst werden könne.

Mehrwertabgabe von 25%

Auf den Antrag für eine Mehrwertabgabe von 25% meldet sich ein Stimmbürger zu Wort. Der Satz von 25% sei nicht adäquat für die Gemeinde Hinwil, wo die Wachstumsrate hoch sei. Andere Landgemeinden wie Pfäffikon ZH oder Dürnten würden Sätze zwischen 30 und 40% diskutieren. Dieser erhöhte Satz bringe der Gemeinde Mittel in die Fonds-Kasse, die für wichtige Projekte genutzt werden können. Er beantragt deshalb die Änderung von 25% auf 30%. Der Antrag wird mit 44 Nein- zu 29 Ja-Stimmen abgelehnt.

Ursprüngliche Waldabstandslinien gefordert

Dem Antrag eines Stimmberechtigten, die ursprünglich geplante Änderung der drei Waldabstandslinien Ringwilerstrasse, Schönenberg und Rütibach wieder in die Teilrevision der Nutzugsplanung aufzunehmen, wird mit 48 Ja-Stimmen zugestimmt. Auch dem zweiten Antrag, die beiden beantragten Änderungen an den Waldabstandslinien an der Tobelstrasse und an der Schopfhaldenstrasse in die Teilreision der Nutzungsplanung aufzunehmen, stimmen die Hinwilerinnen und Hinwiler mit offensichtlichem Mehr zu.

Verschiedene Einbürgerungen mit Applaus

Die vier Einbürgerungs-Traktanden gehen schnell und einstimmig über die Bühne. Die neuen Hinwiler Bürger/innen aus Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien und Serbien sowie Deutschland und Spanien, wurden mit einem Applaus begrüsst. Der Gemeindepräsident beglückwünschte sie und sprach zu ihnen: «Damit erhalten Sie nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Tragen Sie dem Sorge und halten Sie es in Ehren.»

ZKB-Sondergeschenk ohne konkrete Verwendung

Franziska Hagen von der SP Hinwil wandte sich im Frühling 2021 schriftlich mit einer Anfrage an die Gemeinde Hinwil. Dabei ging es um die ZKB-Jubiläums- und Corona-Dividende, welche an die Gemeinde ausbezahlt wurde. Der Brief wurde den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern vorgelesen.

Darum geht's: Die Gemeinde Hinwil erhielt von der Zürcher Kantonalbank im Rahmen ihres Jubiläums eine Jubiläums-Dividende von 300'000 Franken. Die Bank schrieb damals, dass die Dividende für besondere Projekte in den Gemeinden eingesetzt werden solle, die im ordentlichen Budget keinen Platz hätten. Bei der Verwendung der Mittel solle die Bevölkerung einbezogen werden. Mit der Corona-Sonderdividende flossen weiter 243'000 Franken an die Gemeinde Hinwil. Mit der Corona-Sonderdividende wolle man die öffentliche Hand in einem schwierigen Jahr unterstützen, so die ZKB.

Vom Gemeinderat wollte Franziska Hagen darum wissen, welche Projekte mit den Mitteln geplant werden und inwiefern die Bevölkerung einbezogen werde. Gleichzeitig machte sie im Brief einige Vorschläge, was mit der Sonderdividende Gutes getan werden könnte. Sie nannte ein gratis Saison-Abo für die Badi, die Aufwertung von Feuerstellen und Plätzen oder eine Kulturwoche als Ideen. Die Corona-Sonderdividende könne man z.B. in Form von Einkaufsgutscheinen an die Bevölkerung abgeben, die beim Hinwiler Gewerbe eingelöst werden können. Das käme auch dem gebeutelten Gewerbe zu Gute, so Hagen.

«Die Hinwilerinnen und Hinwiler haben ein Geschenk von über 500'000 Franken bekommen und wissen nichts davon.»
Franziska Hagen, SP Hinwil

Keine Projekte geplant

Der Gemeinderat antwortete auf das Schreiben, dass keine Projekte geplant seien. Auch an der gestrigen Versammlung blieb der Gemeinderat bei seiner Haltung. Seine Begründung: Durch die verschiedenen Projekte wie dem Hallenbau würden die Finanzen der Gemeinde stark belastet. Die Jubiläumsdividende könne dafür gut gebraucht werden und würde damit allen Hinwilerinnen und Hinwilern zu Gute kommen. Zudem sei die Gemeinde seit Ausbruch der Corona-Pandemie anderweitig stark gefordert gewesen. Für Aktionen im «Giesskannen-Prinzip» sei jetzt der falsche Moment.

«Mutlos und unkreativ»

In ihrer Rede an die Gemeindeversammlung bringt Franziska Hagen ihre Enttäuschung über diese Haltung zum Ausdruck. Die Ausschüttung sei vor Corona angekündigt worden. Die Haltung des Gemeinderats sei mutlos und unkreativ. Gerade in der jetzigen Zeit wären Aktivitäten sinnvoll, die den Menschen einfach Freude machen. Zudem stört sich Franziska Hagen daran, dass gemäss ihren Kenntnissen keine Kommunikation über die Sonderdividenden an die Bevölkerung erfolgt sei. «Die Hinwilerinnen und Hinwiler haben ein Geschenk von über 500'000 Franken bekommen und wissen nichts davon.» Es wäre schön gewesen, sie hätten mitreden können. Dafür erntet die Sprecherin grossen Applaus.

Jahresrechnung der Schulgemeinde einstimmig angenommen

Im Anschluss an die Versammlung der Politischen Gemeinde um 22.15 Uhr, übernimmt Monika Gnepf, Präsidentin der Schulpflege. Die präsentierte Jahresrechnung wird ohne Diskussion einstimmig angenommen. Die Gemeindeversammlung endet um 22.35 Uhr.

Mittlerweile steht der Mond hoch am Himmel, beim Herauskommen aus der Reformierten Kirche weht eine warme Sommerluft.

Barbara Tudor