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Leserbrief
Gossau ZH
12.06.2024
12.06.2024 23:00 Uhr

Sollen wir in Zukunft mehr oder weniger an der Nase herumgeführt werden?

Nach Meinung von Claudio Zanetti muss der Souverän gefragt werden, ob er eine eigene Printausgabe finanzieren will.
Nach Meinung von Claudio Zanetti muss der Souverän gefragt werden, ob er eine eigene Printausgabe finanzieren will. Bild: AdobeStock/ZO24
Claudio Zanetti, Parteipräsident der SVP Gossau ZH und Alt Nationalrat, äussert sich mit neun kritischen Anmerkungen zum geplanten Printprodukt des Gemeinderats.

Am 14. Mai 2024 erreichte mich eine E-Mail der Bereichsleiterin «Öffentlichkeitsarbeit» der Gemeinde Gossau mit folgendem Inhalt:

Medienmitteilung der Gemeinde Gossau ZH zum Thema «Mehrkanalige Kommunikation» vom 14. Mai 2024. Bild: zvg

Ich habe dazu folgende Anmerkungen:

  1. Ich bin kein Medienschaffender, sondern Parteipräsident.

  2. Nicht die Gemeinde hat sich entschieden, sondern der Gemeinderat.

  3. Der Gemeinderat kann nicht einfach frei entscheiden, was er tut und lässt. Gemäss Artikel 5 unserer Bundesverfassung, die vorderhand auch noch auf dem Gebiet der Gemeinde Gossau Gültigkeit hat, ist das Recht «Grundlage und Schranke staatlichen Handelns». Weder aus der Gemeindeordnung noch aus dem Gemeindegesetz lässt sich eine Verpflichtung ableiten, dass eine Gemeinde eine «eigene Print-Ausgabe» lanciert.

  4. Die Berufung auf Spielraum, den das Budget gewährt, ist kühn und stellt eine weitere Verletzung von Artikel 5 der Bundesverfassung dar, der in Absatz 3 ein Handeln nach «Treu und Glauben» vorschreibt. Zu keinem Zeitpunkt sah sich der Souverän (das stimm­- und wahlberechtigte Volk, Anm. d. Red.) mit der Frage konfrontiert, ob er eine eigene Print­ Ausgabe finanzieren will.

  5. Es ist die Rede von einer «strategischen Neuausrichtung». Was ist darunter zu verstehen? Was soll sich – strategisch – ändern? Welcher Missstand soll behoben werden? Sollen wir in Zukunft mehr oder weniger an der Nase herumgeführt werden? Nur eine grundlegend neue Zielsetzung rechtfertigt die Verwendung des Ausdrucks «strategisch». Sollte tatsächlich eine solche angestrebt werden, bedarf es erst recht der Zustimmung des Souveräns, und es ver­bietet sich in diesem Fall der Verweis auf irgendeinen Budgetposten, von dem kaum jemand weiss, was sich dahinter verbirgt.

  6. Es mag gute Gründe dafür geben, dass der Gemeinderat die Zusammenarbeit mit den Medien überprüft, aber bevor er eine «strategische Neuausrichtung» beschliesst, sind zunächst mehrere Alternativen zu prüfen. Das mag intern geschehen sein, als Steuerzahler wüsste man gerne mehr darüber.

  7. Wohin es führt, wenn die Exekutive eine «eigene Print-­Ausgabe» lanciert und damit als Verleger in eigener Angelegenheit auftritt, kann man am abschreckenden Beispiel der Gemeinde Maur sehen: So­ bald eine Redaktion sich das Recht herausnimmt, investigativ zu berichten und dabei den Behörden in die Quere kommt, ist Feuer im Dach und man spricht nur noch über Anwälte miteinander. Solche Zustände kann sich für Gossau niemand wünschen.

  8. Die Kommunikationsmittel sollen «effizi­enter und nachhaltiger» gestaltet werden. Noch mehr Plattitüden! Effizienter hiesse, mit dem gleichen (Mittel­)Einsatz eine grössere Wirkung zu erzielen. Geplant sind stattdessen höhere Ausgaben. Und was ist mit dem Allerweltsbegriff «nachhaltig» gemeint? Sollen uns die Botschaf­ten der weisen Obrigkeit auf immer und ewig in die Köpfe gehämmert werden?

  9. Schliesslich, so wird behauptet, gehe es um einen «direkteren und ausführlicheren Dialog mit der Bevölkerung». Kaum etwas steht mehr für einseitige Kommunikation wie eine «eigene Print­-Ausgabe». Einer schreibt, der andere hat zu lesen. Mark Twain wusste, wovon er sprach, als er dazu riet, nie mit jemandem einen Streit anzufangen, der Tinte in Fässern kauft.

 

Claudio Zanetti, Parteipräsident SVP Gossau ZH