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Wetzikon
19.04.2023
20.04.2023 08:23 Uhr

Revisiting Hans Georg Nägeli – die Zweite

Im Gespräch erfuhr der Zuschauer über Nägelis zweiten Start in Zürich im Jahr 1791.
Im Gespräch erfuhr der Zuschauer über Nägelis zweiten Start in Zürich im Jahr 1791. Bild: GG
Am 14. April 2023 fand in der reformierten Kirche in Wetzikon zum zweiten Mal «Revisiting Hans Georg Nägeli» statt. Prof. Dr. Inga Mai Groote vom Musikwissenschaftliches Institut der Universität Zürich zeigte auf, welche unternehmerischen Risiken der junge Hans Georg Nägeli auf sich nahm, und erläuterte im Gespräch mit dem Historiker Andrea Schmid die verschiedenen Geschäftsmodelle.

Historiker und Musiker Andrea Schmid als Gastgeber begrüsste das Publikum und knüpfte an die vergangene «Revisiting Hans Georg Nägeli ». Mit seinem Gast, Prof. Dr. Inga Mai Groote vom Musikwissenschaftliches Institut der Universität Zürich, diskutierten sie seinen Werdegang im Bereich Leihbibliothek und Musikverlag.  

Kleiner Musikhandel

Im Gespräch erfuhren die Zuschauenden über Nägelis zweiten Start in Zürich im Jahr 1791. Da er von Haus aus nicht genügend vermögend war, sei es ihm in seinen jungen Jahren nicht möglich gewesen, ein eigenes Instrument und Musikalien anzuschaffen.

Damit Nägeli sich mit seinem Herzensthema,  der Musik, weiterhin intensiv beschäftigen konnte, gründete er mit Hilfe von Musikgönnern einen kleinen Musikhandel verbunden mit einer Leihbibliothek.

Musikgönner als wichtige Wegbegleiter

Seine damaligen Musikgönner waren insbesondere der damalige Wollfabrikant Nüscheler und der hessische Pianist David Brünings. Die Bedeutung von Brünings im früheren Leben Nägelis sei gross gewesen, erzählte Groote. Er war der Klavier- und Kompositionslehrer des jungen Zürcher und machte ihm Werke von Gluck, Abraham, Schulz und möglicherweise auch von Johann Sebastian Bach bekannt. Auch beriet er Nägeli bei praktischen Fragen zur Geschäftseröffnung.

Nägeli-Zitat

Inga Mai Groote zitierte Nägeli, der einen Brief an seinen Vater schrieb:

«Vorgestern bin ich, gottlob, glücklich hier (in Zürich) angelangt. Das erste, was Herr Brünings und Herr Nüscheler sagten, war, dass es notwendig und vorteilhaft wäre, wenn ich etwa 10 Louis d’or (französische Goldmünze, damaliger Wert 5 Taler bzw. 9 Gulden) zum Anfang hätte, wofür ich Musikalien kaufen könnte, die ich sogleich zahlte, damit ich erstens denjenigen, welche Lust hätten, zu abonnieren, einen Katalog zeigen könnte und damit ich, zweitens, von den Musikhändlern desto leichter Musik zur Einsicht und auf Kredit bekommen könnte, wenn ich auch schon vorher welche von ihnen genommen hätte, die ich sogleich bezahlte.»

Nach diesem Brief an seinen Vater waren es die Eltern, die ihrem Sohn ein Startkapital für sein Unternehmen zur Verfügung stellten. Dieser liess sich an der Augustinergasse 24 nieder, von wo aus er auch sein Geschäft führte.

Heutiger Spotify Algorithmus

Die Basis dafür bildete eine Leihbibliothek für Musiknoten. Abonnenten erhielten für einen festgesetzten jährlichen Betrag von Nägeli monatlich Noten für die von ihnen gewünschte Besetzung zugeschickt. Mit einem Fragebogen hat Nägeli die Kundenbedürfnisse ermittelt, und dann entsprechend das Angebot angepasst.

Andrea Schmid wies auf die Parallelen zur Gegenwart hin, mit dem heutigen Spotify-Algorythmus, welcher uns passende Musikstücke und attraktive Playlists vorschlägt.

Die drei Musikerinnen des Musikforums Wetzikon spielen typische Hausmusik des 19. Jahrhunderts, die Nägeli verliehen hat. Bild: GG

Kontakte mit Frankreich und Italien

Diese Handelstätigkeit entstand aus der Leihbibliothek. Auch hat er den Handel über die Landesgrenzen hinaus betrieben, intensive geschäftliche Kontakte mit Frankreich und Italien hergestellt, damit er ein möglichst exklusives Sortiment anbieten konnte.

Angegliedert an die Musikhandlung, hat er einen eigenen Verlag gegründet, Kompositionsaufträge an zeitgenössische Kompositionen, unter anderem Beethoven, vergeben.

Andrea Schmid und Inga Mai Groote haben viele Einzelheiten, Bilder und Zitate von damals anschaulich präsentiert, bis hin zum Punkt, wo Nägeli sein Unternehmen an das Musikhaus Hug verkauften musste.

Hausmusik des 19. Jahrhunderts

Typische Hausmusik des 19. Jahrhunderts, die Nägeli verliehen und verlegt hat, spielten drei Musikerinnen des Musikforums Wetzikon: Carmen Berger Klarinette, Anna Bernhard Violoncello und Annette Stopp am Klavier. Das «Gassenhauer Trio» von Ludwig van Beethoven bildete den musikalischen Höhepunkt und gleichzeitig auch den Schlusspunkt der informativen Veranstaltung. Fortsetzung folgt.

Nächste Veranstaltung:

«Revisiting Hans Georg Nägeli 3» - Pädagogik und Gesangsschule.
Freitag, 12. Mai 2023, 19.30
Reformierte Kirche Wetzikon

www.hgn250.ch

Gabriela Gasser Zürioberland24