Seit 1930 wird die Fussball-Weltmeisterschaft ausgetragen. Der afrikanische Kontinent spielte dabei aber nur eine Nebenrolle. Es dauerte beispielsweise bis 1974 – ehe sich mit Zaire erstmals eine Nation aus dem Süden der Sahara für die Endrunde qualifizierte. Sportlich war für die afrikanischen Vertreter immer spätestens in den Viertelfinals Schluss: Kamerun (1990), Senegal (2002) und Ghana (2010) schafften es immerhin in die Runde der letzten acht. Die Prognose der brasilianischen Fussballlegende Pelé («spätestens 2006 wird eine afrikanische Mannschaft Weltmeister») ist schon lange überholt.
Portugal: vom 6:1 zum 0:1
Doch ausgerechnet in Katar schreibt nun ein afrikanischer Vertreter ein kleines Fussballmärchen – Marokko. Die «Löwen vom Atlas», die mit Spanien bereits im Achtelfinal einen grossen Turnierfavoriten rausgeworfen hatten, setzten sich im Viertelfinal gegen Portugal sensationell 1:0 durch – gegen jene Mannschaft also, die am vergangenen Dienstag die Schweiz nach allen Regeln der Fussballkunst zerlegt und 6:1 bezwungen hatte.
Marokko ist als Mannschaft eng zusammengewachsen. Die technische und psychologische Basis des Teams ist hervorragend. Und jetzt winkt sogar der ganz grosse Coup – im Halbfinal gegen Frankreich. Die Aufgabe ist sehr schwierig – aber nicht unlösbar. Wenn die marokkanische Mannschaft gegen den Titelverteidiger mit dem gleichen Selbstvertrauen spielt, mit dem sie gegen Spanien und Portugal aufgetreten ist, und ein bisschen Glück hat, dann kann sie es schaffen.
Auch neben Marokko gehört Afrika für mich zu den grossen Gewinnern dieser WM. Als ich gesehen habe, wie Ghana Südkorea mit 3:2 besiegt hat, wie der Senegal ins Achtelfinale eingezogen ist, habe ich grosse Emotionen empfunden. Ich sage «Bravo» zu Afrika und heute kann ich sagen, dass ich mich auch zur Hälfte als Afrikaner fühle. Man sieht, dass im Kontinentalverband gute Arbeit geleistet wurde, und ich hoffe, dass die Fifa noch mehr tut, um den afrikanischen Fussball, die Meisterschaften und die Ligen zu entwickeln. Vor 50 Jahren war ich an der Ausarbeitung der ersten Programme zur Entwicklung des Fussballs in Afrika beteiligt, und 2010 brachten wir die WM nach Südafrika. Dies war eines meiner grossen Highlights. Vor allem die Begegnungen mit Nelson Mandela lösen bei mir noch immer Hühnerhaut aus.