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Grüningen
25.08.2022

Einmal Pfadi, immer Pfadi

Zwei Generationen Pfadis: Bibi Furger mit dem blauen Pfadihemd aus Schweden, Tochter Petra mit dem grünen Pfadihemd aus der Schweiz.
Zwei Generationen Pfadis: Bibi Furger mit dem blauen Pfadihemd aus Schweden, Tochter Petra mit dem grünen Pfadihemd aus der Schweiz. Bild: Martina Gradmann
Eine Pfadfinderin oder ein Pfadfinder zu sein, bedeutet mehr, als im Wald Zelte aufzubauen und Feuer zu machen. Ein wahrer Pfadi lebt die Pfadi-Werte auch ausserhalb der Organisation. Denn die Pfadi-Skills nützen auch im «normalen» Leben, und der Pfadi-Name kann ein Türöffner sein. Die Grüningerin Petra Furger mit Pfadi-Name Piuma erzählt, weshalb sie die Pfadi eine gute Sache findet.

Wer in die Pfadi will, darf kein Weichei sein, so die landläufige Meinung von Nicht-Pfadis. Da bewege man sich vorwiegend im Wald, wühle im Dreck, schlafe auf harten Zeltböden und müsse als Taufritual auch noch Regenwürmer essen. Petra Furger lacht. Ganz so schlimm sei es nicht.

Nicht jedermanns Sache

«Man kann in der Pfadi sein, wie man ist. Der Zusammenhalt ist gross und die vielen gemeinsamen Erlebnisse in der Natur verbinden.» Doch natürlich seien die Pfadis in der Schule Grüningen von den Nicht-Pfadis aufgezogen worden, und die Pfadi Vis-à-vis, welche die Gemeinden Grüningen, Gossau und Mönchaltorf verbindet, sei nicht jedermanns Sache gewesen. Petra aber bedeutet die Pfadi auch heute noch viel. Als sie angefragt wurde, beim diesjährigen Bula mitzumachen, hat sie nicht gezögert und mitgeholfen, das grösste Schweizer Pfadilager überhaupt mitzuorganisieren.

Denn das Bundeslager der Pfadi findet nur alle 14 Jahre statt und war dieses Jahr mit rund 30 000 Teilnehmenden das grösste seiner Art. Im Goms, im Wallis, wurde eine riesige Zeltstadt unter dem Motto «Mova» aufgebaut. Dort hat Petra für das «Global Village», auch «cumün mundiel» genannt, Workshops und Schulungen von Vereinen und Organisationen wie dem WWF, der Amnesty International oder der UNO koordiniert.

Zum Bula 2022 fanden sich rund 30 000 Pfadis ein. Bild: Arancia/Pfadi Vis-à-vis

Pfadi als Familientradition

Waren die Eltern in der Pfadi, schicken sie meist auch ihre Kinder hin. Das war auch bei Petra nicht anders. «Meine Eltern waren schon in der Pfadi,  sagten mir, das sei cool und ich solle doch auch hingehen.» Weil auch schon die älteren Geschwister von Petra die Pfadi besuchten, war das  Mitmachen eigentlich keine Frage mehr. Auch ihre Mutter Bibi, die in Schweden aufgewachsen ist, hat die Pfadi besucht. «Mein Vater war ein begeisterter Pfadi und Rover-Leiter. Auch ich war als Rover-Vertreterin tätig.»

Freundschaften durch die Pfadi

In Schweden sei allerdings oft gespottet worden, dass nur diejenigen in die Pfadi gingen, die sonst nirgends unterkämen. Sie habe das aber nicht so erlebt. Oft seien Freundschaften entstanden, weil man sich von der Pfadi kannte – oder einfach über die Verbindung mit der Pfadi. Heute findet Bibi auch die erlernten Werte wie Zusammenarbeit, Verantwortung, Teilen und Respekt unheimlich wertvoll und prägend für das eigene Leben. Petra bestätigt das: «Man lebt nach diesen Werten, geht bewusst durchs Leben, bemüht sich, ein guter Mensch zu sein und der Natur Sorge zu tragen.»

«Man kann in der Pfadi sein, wie man ist.»
Petra Furger

Skills fürs Leben und Rituale

«Pfadi-Skills, wie Feuermachen, Knotenbinden und anderes, nützen einem in vielen Situationen.» Die Pfadis sind in Altersgruppen von Bibern, Wölfen, Pfadis, Pionieren, Hilfsleitern, Leitern und Stammleitern unterteilt. Petra hat mehrere Leiterkurse absolviert, um J+S-zertifizierte Kurse anbieten zu können.

Pfadis bewegen sich vor allem in der freien Natur, machen Feuer, braten Würste, stauen Bäche, lernen Pflanzen zu erkennen, bauen Seilbahnen oder machen Wettkämpfe wie «Capture the flag». «In der Pfadi kann man sich austoben. Die Rituale wie die Taufe sind nicht wirklich so schlimm, wie manche behaupten», lacht Petra. Die «Regenwürmer» seien meist nur Gummischlangen, und auch wenn es «Entführungen» sowie komische  Getränke gebe, werde doch immer darauf geachtet, dass es für den Täufling stimme. «Früher war die Pfadi wilder, heute ist sie braver geworden. Auf Sicherheit wird viel grösserer Wert gelegt.»

«Man lebt nach diesen Werten, geht bewusst durchs Leben, bemüht sich, ein guter Mensch zu sein und der Natur Sorge zu tragen.»
Petra Furger

Pfadis grüssen mit der linken Hand

Man rede auch nicht mehr von «Übungen», weil das zu militärisch töne, sondern von Aktivitäten. Während in Schweden die Pfadi viel traditioneller sei als in der Schweiz, bietet sie in beiden Ländern auch viel Raum für gute Gespräche, schöne Begegnungen, Zeit zum Nachdenken und für  Zeremonien.

Was alle Pfadis auf der ganzen Welt verbindet, sind der Pfadi-Gruss und der Pfadi-Handschlag mit der linken Hand. Und wer sich als Pfadi einen «Explorer Belt» verdient hat, bei dem man in zehn Tagen ein Land und seine Menschen kennen lernen kann, selbst die Route plant und kocht, hat sich ein grosses Stück Selbständigkeit erarbeitet. Denn einmal Pfadi, immer Pfadi.

In der Schweiz orientieren sich die Pfadis am sogenannten Pfadigesetz. Bild: pfadi.swiss

Pfadi-Facts

Heute ist die Pfadi mit 48 000 Mitgliedern und rund 550 lokalen Gruppen die grösste Jugendbewegung der Schweiz und steht für Abenteuer, Freundschaften und gemeinsame Erlebnisse in der Natur. Die Pfadi-Bewegung ist die weltweit grösste Jugendorganisation.

> Pfadigesetz

Infos zur Pfadi in Grüningen: www.pfadivisavis.ch

Martina Gradmann