Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Bubikon
17.02.2022
17.02.2022 15:31 Uhr

Er soll wieder Ruhe in die Gemeinde bringen

Urs Tanner erlebt den Gemeinderat als nah bei der Bevölkerung und offen für Diskussionen.
Urs Tanner erlebt den Gemeinderat als nah bei der Bevölkerung und offen für Diskussionen. Bild: Martina Gradmann
Seit September 2021 ist Urs Tanner der neue Gemeindeschreiber von Bubikon. Nach diversen Anschuldigungen zu angeblichen Ungereimtheiten im Gemeindehaus, hatte sein Vorgänger nach drei Jahren seine Amtstätigkeit beendet und damit viel Wirbel in den Medien ausgelöst. Sein Nachfolger möchte lieber nach vorne schauen und Ruhe in die Gemeinde bringen. Zürioberland24 traf ihn zum Gespräch.

Zürioberland24: Herr Tanner, Sie sind seit dem 1. September 2021 Gemeindeschreiber in Bubikon. Wie gefällt es Ihnen in Bubikon?

Urs Tanner: Mir gefällt es sehr gut in Bubikon. Das hat sich vor allem am Markt im Herbst vor dem Gemeindehaus gezeigt, ein sehr schöner Anlass, wo man den Puls der Bevölkerung gut spüren konnte. Auch am Weihnachtsapéro kam es zu vielen guten Gesprächen.

Sie sind kein Bubiker, woher kommen Sie und was ist Ihre Geschichte?

Aufgewachsen bin ich in Horgen, wohne heute aber in Richterswil. Nach meiner Schulzeit habe ich eine Lehre als Fotolaborant absolviert und habe mich dann an der Kunstgewerbeschule noch zum Fotografen ausbilden lassen. Ich war rund 20 Jahre in dieser Branche tätig, habe auf dem zweiten Bildungsweg die Wirtschafts-Matura nachgeholt und die Ausbildung zum Betriebsökonom gemacht. Ich war dann noch eine Zeitlang als Flugfotograf tätig, merkte dann aber, dass ich etwas anderes wollte. Ich bewarb mich in Horgen und wurde dort stellvertretender Leiter im Sozialamt. Dort hat es mir 'den Ärmel reingenommen'. Ich hatte ja keine grosse Ahnung von dieser Arbeit, fand diese aber faszinierend.

Nach Abschluss des Betriebsökonomie Studiums arbeitete ich für kurze Zeit bei der SVA und danach in Urdorf als Bereichsleiter Soziales. Während dieser Zeit begann ich das Masterstudium in Public Management. Als sich dann herauskristallisierte, dass mich die Arbeit des Gemeindeschreibers interessiert, habe ich noch das Gemeindeschreiber-Diplom gemacht. 2016 konnte ich als Gemeindeschreiber in Buchs ZH starten und war während fast fünf Jahren dort tätig. Nach einem kurzen Einsatz in einer anderen Gemeinde, habe ich mich entschlossen, auf Mandatsbasis zu arbeiten, bis ich auf das Inserat aus Bubikon stiess und mich bewarb.

Ihr Vorgänger hatte die Stelle nicht ganz freiwillig verlassen, und auch schon davor stand die Gemeinde Bubikon mehrfach im medialen Gegenwind. Hat sie das nicht abgeschreckt?

Nein, ich bringe ja mein eigenes Paket mit. Ich hatte hier in Bubikon ein intensives Assessment und hatte den Eindruck, dass Bubikon viel Potential bietet. Einerseits für mich, auf der anderen Seite kann ich der Gemeinde auch viel bieten.

Bild: Martina Gradmann
«Ich komme nicht in ein Büro, um Vergangenheitsbewältigung zu machen. Das bringt gar nichts. »
Urs Tanner, Gemeindeschreiber von Bubikon

Es gab ja auch ein Gerichtsverfahren mit dem ehemaligen Bausekretär. Bubikon wurde vom Bezirksrat gerügt, und auch Gemeindepräsidentin Keller stand hart in der Kritik. Bleibt da nicht etwas haften?

Schon beim ersten Bewerbungsgespräch wurden diese Themen angesprochen und transparent kommuniziert. Manchmal gibt es eine Dynamik, die man fast nicht mehr unterbrechen kann. Das musste auch der jetzige Gemeinderat erfahren. Es war wohl kaum böser Wille dahinter, sondern Umstände, die dazu geführt haben.

Was ist denn Ihrer Meinung nach falsch gelaufen?

Hierzu kann ich nur schwer eine Aussage machen. Ich bin ein Mensch, der gerne kommuniziert, und ich denke, das ist auch die Aufgabe eines Gemeindeschreibers. Natürlich braucht es auch ein offenes Ohr und Verständnis für die Anliegen der Bevölkerung. Man muss Vertrauen schaffen und transparent kommunizieren. Deshalb publizieren wir auch kurze Mitteilungen nach den Ratssitzungen oder positive Meldungen, wie die der Firma Schulthess, die in Zusammenarbeit mit Energie 360 eine integrale Energie- und Mobilitätslösung für Schulthess mit Solaranlagen auf ihren Dächern entwickelt hat…

Wenn Sie von der Schulthess sprechen: An der Gemeindeversammlung wurde der Auftritt des CEO zum Thema Stammgleis von der Gemeindepräsidentin und der Bevölkerung völlig unterschiedlich wahrgenommen. Ist der Gemeinderat zu wenig nah bei der Bevölkerung?

Das ist ein schwieriges Thema, das ich nicht beantworten kann. Ich erlebe den Gemeinderat als offen, nah bei der Bevölkerung und offen für Diskussionen, also als gut funktionierendes Gremium. Die Hypothek und Dynamik, die man schon länger mitträgt, ist man nicht losgeworden und Corona hat auch nicht geholfen. Wir spüren oft, dass die Menschen kompromissloser geworden sind. Deshalb hoffe ich jetzt, dass wir die Aktivitäten der Gemeinde wieder durchführen und sichtbar machen können.

«Ich erlebe den Gemeinderat als nah bei der Bevölkerung und offen für Diskussionen, also als gut funktionierendes Gremium.»
Urs Tanner

Im März sind Neuwahlen. Wird das eine Beruhigung bringen?

Ich hoffe doch, dass die Bevölkerung der neuen Behörde auch neue Chancen gibt. Der Gemeinderat hat zudem vor, seine mittel- und langfristige Strategie zu präsentieren und der Bevölkerung zu kommunizieren, wohin die Reise in den nächsten zehn Jahren gehen soll. Wenn man diesen Prozess alle vier Jahre durchführt, bringt das sicher wieder eine gewisse Kontinuität.

Was wollen Sie für Bubikon erreichen?

Ich verstehe mich als Dienstleister und nicht als «heimlicher König», wie Gemeindeschreiber manchmal auch bezeichnet werden. Ich bin einerseits die Ansprechperson für die Bevölkerung, aber auch der Dienstleister für die Exekutive. Dadurch, dass ich nicht in Bubikon wohne, gehe ich mit dem Blick von aussen an die Dinge heran. Ich bin aber auch der Leiter der Verwaltung und bin dafür besorgt, dass unsere Dienstleistungen einfach zugänglich sind. Hier wird die Digitalisierung weiterhin ein grosses Thema sein.

Martina Gradmann