Erst vor wenigen Wochen hat der Verein Zürcher Gemeindeschreiber (VZGV) eine Image-Kampagne gestartet, welche die umfangreichen Services der Gemeinden in den Vordergrund stellen sollte (Zürioberland24 berichtete). Nun startete letzte Woche der Verband der Gemeindepräsidenten des Kantons Zürich (GPVZH) mit einer Kampagne zum Thema Miliztätigkeit.
Kandidat*innen für kommunale Wahlen 2022 gesucht
Bei den kommunalen Wahlen im nächsten Jahr braucht es wieder engagierte Kandidatinnen und Kandidaten. Menschen, die sich für "ihre" Gemeinde einsetzen wollen. Denn offenbar stellen sich immer weniger Menschen für eine Kandidatur zur Verfügung. Die GPVZH-Kampagne "Deine Gemeinde braucht dich" will darum die Leute motivieren, sich für ein Amt zu engagieren.
Geld verdienen sollte nicht an erster Stelle stehen
Auf der eigens für die Kampagne lancierte Website www.deine-gemeinde-braucht-dich.ch wird erklärt, was es dafür braucht, was eine Behördentätigkeit ist – und was nicht. Die Anforderungen sind eigentlich gar nicht so hoch: Neben einer abgeschlossenen Erstausbildung oder einem Studium und einem Alter von mindestens 18 Jahren, braucht es vor allem die Bereitschaft, sich aktiv einzubringen, und ein grosses Interesse, Neues zu lernen. Je nach Amt brauche es zwischen 10 bis 30 Stunden pro Woche.
Das Geld sollte dabei nicht im Vordergrund stehen: «Die Motivation, Geld zu verdienen, solle nicht an erster Stelle stehen», ist auf der Website zu lesen. Die Milizarbeit bringe andere Vorteile, beispielsweise neue Kontakte und eine gute Vernetzung mit Menschen und Firmen, die auch Sprungbrtt für die berufliche Karriere sein können. Die Entschädigung erfolge gemäss Verordnung, die dann auch eine Reduktion des beruflichen Pensums erlaube.
Milizsystem - ein Auslaufmodell?
Das Milizsystem, wo ganz "normale" Bürgerinnen und Bürger staatspolitische Verantwortung übernehmen, ist ein wichtiger Grundpfeiler der Schweizer Politik. Doch wie lange funktioniert dieses System noch?
So wie die meisten Vereine es zunehmend schwer haben, Mitglieder oder Freiwillige für den Vorstand zu gewinnen, so kämpfen auch die Gemeinden mit den Entwicklungen in der Gesellschaft: Immer mehr Menschen sind beruflich so stark gefordert, dass kaum Zeit oder Energie bleibt, sich noch anderweitig in der Gemeinde zu engagieren - geschweige denn in einem öffentlichen Amt. Man fürchtet die Zusatzbelastung, die auch in die Familie greifen kann.
Die Kampagne und ihre Sujets kann man mögen oder nicht. Doch hinter den lächelnden Cartoon-Gesichtern sticht wohl eines deutlich hervor: Die Gemeinden, mal von den grösseren Städten abgesehen, finden kaum mehr Freiwillige.
Miliztätigkeit braucht Mut
Allen, die sich für das Gemeinwohl engagieren, gebührt Respekt und Anerkennung. Denn mit den zusätzlichen Aufgaben steigt nicht nur das Arbeitsvolumen, sondern auch der Druck, in der Öffentlichkeit zu stehen – und mit Kritik umgehen zu können. Neben Fachkompetenz erwartet man von den "Laienpolitiker*innen" fast schon übermenschliches: Führungsstärke, Sozialkompetenz, Selbstlosigkeit, Fairness und stets ein offenes Ohr für alle. Und natürlich einen allzeit souveränen medialen Auftritt. Dass dies nicht allen Menschen in die Wiege gefallen ist und gewisse Eigenschaften auch nicht mit einer Aus- oder Weiterbildung auf die Schnelle gelernt werden können, liegt auf der Hand. Die politische Laufbahn scheint vielmehr ein Lernprozess, zu dem er oder sie bereit sein muss. Jeden Tag aufs Neue. Wie in der Privatwirtschaft, findet man Menschen mit all diesen Fähigkeiten nicht an jeder Ecke.