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Schweiz
31.07.2025

Explosiver Konflikt mit der Tradition

Ein unverzichtbarer Brauch – doch seine Auswirkungen geben Anlass zum Überdenken.
Ein unverzichtbarer Brauch – doch seine Auswirkungen geben Anlass zum Überdenken. Bild: Laura Alar
Soll Feuerwerk verboten oder dessen Gebrauch wenigstens eingeschränkt werden? Eine Frage, über die seit Jahren fleissig diskutiert wird. Einerseits gehört es für Viele zum 1. August dazu, andererseits ist es eine Gefahr für Tier, Mensch sowie Umwelt.

Die ganze Schweiz feiert. Helle und bunte Musterungen zieren den dunklen Nachthimmel, die Zuschauerinnen und Zuschauer sehen dem Spektakel fasziniert zu. Zur selben Zeit versteckt sich ein Hund zitternd unter dem Bett. Auch am nächsten Tag lässt seine Angst noch nicht nach, denn er rührt sein Futter kein bisschen an.  Was für uns Menschen am 1. August oder an Silvester nicht wegzudenken ist, kann auf unsere liebsten Vierbeiner, die Umwelt sowie die Gesundheit der Menschen negative Konsequenzen haben.

Wie ein sicherer und legaler Umgang mit Pyrotechnik sichergestellt wird, erkundigt sich der «Bock» bei Patrick Caprez von der Schaffhauser Polizei.

 

«Bock»: Welche Arten von Feuerwerkskörpern sind überhaupt für Privatpersonen erlaubt?

Patrick Caprez: Pyrotechnische Gegenstände zu Vergnügungszwecken, sogenannte Feuerwerkskörper, sind in der Schweiz in vier Kategorien, F1 bis F4, unterteilt (siehe Box unten). Privatpersonen dürfen grundsätzlich Feuerwerkskörper der Kategorien 1 bis 3 verwenden, unter Beachtung von Alter, Zeitpunkt und kantonalen Regelungen. Verboten sind Bodenknaller, Knaller, Petarden und Knallfrösche, da diese nicht handhabungssicher und gefährlich sind. Eigenbau sowie Import von illegalen Feuerwerkskörpern sind ebenfalls strafbar. Weiter sind die Kantonal- oder Gemeinderegelungen zu beachten, die entweder den Abbrand von pyrotechnischen Gegenständen ausserhalb des 1. August und Silvester verbieten oder auch anderweitig durch eine Lärmschutzverordnung geregelt sind. Ausserhalb der beiden genannten Tage ist eine Abklärung bei der Gemeinde angeraten.

Kategorien Feuerwerkskörper

F1: Ab 12 Jahren.

F2: Ab 16 Jahren.

F3: Ab 18 Jahren.

F4: Fachkenntnisse und ein Verwenderausweis sind erforderlich.

Bei der Verwendung von Pyrotechnik kann aber auch einiges schiefgehen.

Caprez: Werden die Gefahren unterschätzt und die nötigen Sicherheitsvorkehrungen nicht eingehalten, kann dies zu Knalltraumata, Verbrennungen und weiteren Folgen führen. Im Kanton Schaffhausen haben sich in jüngster Zeit allerdings nur wenig Vorfälle ereignet.

Die Polizei gibt folgende Hinweise, die am 1. August zu beachten sind:

  • Nur geprüfte Artikel mit CH-ID-Nummer kaufen und verwenden.
  • Lassen Sie sich beim Kauf von Feuerwerk über die Handhabung der einzelnen Feuerwerkskörper beraten.
  • Herstelleranweisungen, Sicherheitsabstände, Abschussgeräte und Wetter-, beziehungsweise Witterungsverhältnisse beachten.
  • Feuerwerkskörper niemals aus der Hand abfeuern.
  • Achten Sie auf die Umgebung.
  • Vermeiden Sie jegliches Rauchen in der Nähe von Feuerwerk, besonders an Verkaufsständen.
  • Lagern Sie Feuerwerk an einem kühlen und trockenen Ort.
  • Halten Sie Feuerwerk von kleinen Kindern fern. Grössere Kinder müssen über den richtigen Umgang mit Feuerwerk instruiert und beaufsichtigt werden.
  • Lesen Sie die Gebrauchsanweisungen frühzeitig, am besten noch bei Tageslicht. Beachten Sie die Hinweise sorgfältig.
  • Basteln Sie keine Eigenkreationen und Manipulieren Sie nicht an Feuerwerkskörpern. Das Verbinden von mehreren Feuerwerkskörpern zu einem «Superding» kann zu gefährlichen Situationen führen.
  • Vermeiden Sie das Abbrennen von Feuerwerk in Menschenansammlungen. Schützen Sie Gebäude, indem Sie Fenster schliessen und Sonnenstoren hochziehen.
  • Brennen Sie bei grosser Trockenheit kein Feuerwerk in der Nähe von Wäldern oder Getreidefeldern ab. Befolgen Sie allfällige Weisungen der Behörden.
  • Schützen Sie Ihren Vorrat an Feuerwerkskörpern auf dem Festplatz vor Funkenwurf durch örtliches Trennen, Abdecken und so weiter.
  • Raketen nur aus den dafür vorgesehenen Abschussvorrichtungen starten. Der Raketenstab darf nicht in die Erde gesteckt werden!
  • Sollte ein Feuerwerkskörper nicht abbrennen, nähern Sie sich diesem frühestens nach 15 Minuten. Unternehmen Sie keine Nachzündversuche, sondern geben Sie das Produkt an der Verkaufsstelle zurück.
  • Bodenknallendes Feuerwerk ist in der Schweiz nicht erhältlich und daher immer illegal.
  • Unvorhergesehene oder kurzfristige Verbote durch Kanton oder Gemeinden, die das Abbrennen von Feuerwerk verbieten, sind strikt einzuhalten.
  • Bedenken Sie beim Abbrennen von Feuerwerk, dass nicht alle Nachbarn Freude daran haben könnten. Respektieren Sie ältere Leute, Familien mit Kleinkindern und Haustiere.

Engagement für Tier und Umwelt

Auch Andrina Herren, Wildtierökologin vom Schweizer Tierschutz, weiss, dass Tiere keine Freude an Feuerwerk haben. Mit der Initiative «Ja zur Einschränkung von Feuerwerk» soll privates Feuerwerk eingeschränkt werden, während grosse öffentliche Feuerwerke weiterhin möglich bleiben – dort, wo sie geordnet und angekündigt stattfinden.

«Bock»: Wie nehmen Tiere Feuerwerk überhaupt wahr?

Andrina Herren: Tiere erleben Feuerwerk ganz anders als wir Menschen. Der plötzliche, laute Knall und die grellen Lichtblitze lösen bei ihnen instinktiv Alarmreaktionen aus. Sie können das Ereignis nicht einordnen und nehmen es als unmittelbare Bedrohung wahr. Das führt zu massivem Stress.

 

Und die Natur trägt auch Schaden?

Herren: Auf jeden Fall. Am 1. August fallen schätzungsweise 1300 Tonnen Abfall durch Feuerwerkskörper an – darunter Karton, Plastik und Metallreste. Diese Abfälle bleiben oft auf Strassen oder landwirtschaftlichen Flächen liegen. Weidetiere können dadurch verschmutztes Heu oder Gras aufnehmen, was ernsthafte gesundheitliche Folgen haben kann. Zudem entstehen für Gemeinden und Steuerzahlende Zusatzkosten für die Reinigung und fachgerechte Entsorgung.

 

Abgesehen vom Müll, der nicht sachgemäss entsorgt wird – ist Feuerwerk an sich schädlich für die Umwelt?

Herren: Ja, in mehrfacher Hinsicht. Beim Zünden wird eine erhebliche Menge Feinstaub freigesetzt, die lokal sehr hohe Konzentrationen erreicht. In geringen Mengen mag das unproblematisch erscheinen, doch das Bundesamt für Umwelt warnt: Bereits an einem einzigen Tag wie dem 1. August oder Silvester kann die zulässige Feinstaubgrenze überschritten werden. Besonders betroffen sind Menschen mit Vorerkrankungen wie Asthma oder Herz-Kreislauf-Leiden, da die feinen Partikel tief in die Lunge eindringen können. Zudem gelangen Rückstände von Feuerwerkskörpern in Böden und Gewässer.

Ängstliches Abwarten, bis das Feuerwerk wieder aufhört. Bild: zVg.

Wofür steht die Initiative «Ja zur Einschränkung von Feuerwerk» und welche Rolle spielt der Tierschutz dabei?

Herren: Die Initiative steht für den Schutz von Tieren, Menschen und der Umwelt. Der Schweizer Tierschutz ist eine von vier Trägerorganisationen, die sich dafür einsetzt, die Verwendung von lautem Feuerwerk – insbesondere Knallkörpern und Raketen – für den privaten Gebrauch einzuschränken.

Ein vollständiges Verbot von Feuerwerk ist nicht das Ziel, sondern ein verantwortungsvoller und kontrollierter Umgang, um die Gesundheit und das Wohlbefinden von Tieren, Menschen und Natur zu bewahren. 2023 konnten fast 140 000 Unterschriften gesammelt werden. Mittlerweile haben die beiden zuständigen Parlamentskommissionen beschlossen, einen indirekten Gegenvorschlag auszuarbeiten.

 

Gibt es denn Alternativen zu Feuerwerk?

Herren: Drohnen- oder Feuershows stellen eine gute Alternative zu Feuerwerk dar. Auch Höhenfeuer, die seit jeher Tradition sind, sorgen für ein knallfreies Lichtspektakel. Wichtig ist jedoch, dass der Holzstapel für das Höhenfeuer erst kurzfristig, also kurz vor dem Abbrennen, aufgebaut wird. Erfolgt der Aufbau zu früh, kann der Stapel zur Falle für Wildtiere werden, die darin Schutz suchen und beim Entzünden qualvoll verbrennen.

 

Welche Tipps können Sie Tierhaltern geben?

Herren: Nicht alle Tiere reagieren gleich, deshalb gilt es, individuell die beste Lösung zu finden. Bei ängstlichen Haustieren ist es wichtig, sie nicht allein zu lassen. Am besten schalten Sie das Radio ein und schliessen alle Fenster sowie Rollladen, um die Geräuschkulisse zu dämpfen. Wenn Ihr Tier trotz aller Vorsichtsmassnahmen stark leidet, empfiehlt sich eine Beratung mit einem Tierarzt oder einer Tierärztin.

Laura Alar, Schaffhausen24