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Grüningen
09.05.2025

Wohnraum wird knapper und teurer

In Grüningen wird und wurde viel gebaut, vor allem auch in Itzikon.
In Grüningen wird und wurde viel gebaut, vor allem auch in Itzikon. Bild: Loris Zürcher
Die angespannte Wohnsituation bekommen auch die Landge­meinden zu spüren: Wenige freie, bezahlbare Wohnungen und steigende Preise beim Wohneigentum. Grüningen ist ebenso betroffen.

Es war ein Schock für das Ehepaar. 43 Jahre wohnen sie schon in Grüningen, doch jetzt soll ihr Wohnblock einem Neubau weichen. Noch wurde die Kündigung nicht ausgesprochen, doch das Damoklesschwert hängt über den beiden und all ihrer Nachbarinnen und Nachbarn. Denn auch in Grüningen hat sich die Wohnsituation verändert. Günstige Wohnungen sind immer weniger zu finden und wird ein Haus saniert, steigen auch die Mieten. Was in den Städten schon längst Tatsache ist, wird jetzt auch auf dem Land spürbar: Wohnen wird immer teurer und neu gebaute Eigentumswohnungen werden zu Preisen gehandelt, bei denen man sich fragt, wer das bezahlen kann.

Verdichtung und neue Wohn­formen

In Grüningen entstand in den letzten Jahren viel neuer Wohnraum und es wird jetzt noch einiges gebaut. Grüningen ist attraktiv, doch Wohnungsmieten von über 2000 Franken oder Wohneigentum von 1,4 Millionen Franken und mehr, können sich die wenigsten leisten, vor allem nicht ältere und pensionierte Menschen. Werden diese also längerfristig aus der Gemeinde gedrängt?

Aufgrund der angespannten Wohnsituation müsse man sich neue Wohnformen überlegen, ist Beat Hofmann vom Vorstand der Heimatschutzgesellschaft (HSG) überzeugt. So will der Vorstand jetzt im alten Gerichtshaus, das sich im Besitz der HSG befindet, gemeinschaftliches Wohnen realisieren. Das Haus mit seinen sieben Zimmern soll einer Art Wohngemeinschaft vermietet werden, deren Bewohner sich gemeinschaftliche Räume teilen.

Gerichtshaus mit Mangihaus als Wohneinheit

«Das Gerichtshaus ist im heutigen Zustand sanierungsbedürftig», sagt Walter Pfister, Präsident der HSG. «Die Wasserleitungen müssen ersetzt, die Gebäudeisolation ertüchtigt, neue Böden verlegt und alle Wände renoviert werden.» Auch die Warmwasserzuleitung sei marode und die Küche für dieses grosse Haus viel zu klein.

Angedacht ist jetzt, das «Mangihaus» dazuzunehmen und dort den Eingang und eine gemeinschaftliche Küche zu realisieren. «Es ist aus Sicht des Vorstands unbefriedigend, dieses Haus mit über 80 Quadratmeter Fläche für vier jährliche Sitzungen und eine kaum benutzte Chronikstube zu nutzen», sagt Pfister. Mit dem geplanten Umbau der beiden Gebäude soll deshalb mehr Wohn- und Lebensraum geschaffen werden, wobei die baulichen Anpassungen möglichst geringgehalten werden sollen. Immer zwei Zimmer werden über ein eigenes Bad verfügen und im ersten Stock des Mangihauses wird eine gemeinschaftliche Wohnküche eingebaut.

Das «Mangihaus» soll mit dem Gerichtshaus verbunden werden und künftig gemeinschaftliches Wohnen bieten. Bild: mg

Wohngemeinschaft oder B&B

Das Erdgeschoss wird zu einem halböffentlichen Gemeinschaftsraum, der nicht nur den Mietern, sondern auch der HSG, Vereinen und Privaten als Treffpunkt für die Grüninger Bevölkerung zur Verfügung steht.

Insgesamt entstehen vier Wohneinheiten mit je einem eigenen Bad: Drei mit je zwei Zimmern und durchschnittlich 40 m2 sowie eine mit einem Zimmer. Die historische Gerichtsstube steht allen Bewohnenden zur Verfügung. So können je nach Belegung der Räume in dieser Wohnform mindestens vier und maximal sieben Personen wohnen. «Mieter müssen wissen, auf was sie sich einlassen. Deshalb wäre es sicher sinnvoll, wenn eine Gruppe, die sich kennt, das Haus mieten würde», sagen Hofmann und Pfister, und ergänzen: «Sollten alle Stricke reissen und wir keine Mietinteressenten finden, könnte das Haus auch anders genutzt werden, auch eine Umnutzung als B&B wäre denkbar.»

Benefit für Grüningen

«Das Gerichtshaus, zusammen mit dem Mangihaus, kombiniert verdichtetes Bauen und Wohnen und ist für die vom Kanton geforderte Stedtlientwicklung ein Leuchtturmprojekt», sagt Hofmann. Auch biete die Wohnform in der heutigen Zeit des «Single-Lebens» einzelnen Menschen die Möglichkeit, an gemeinschaftlichem Leben teilzuhaben. «Es entspricht ausserdem dem Vereinszweck der HSG als gemeinnützige Organisation, alter Bausubstanz wieder neues Leben einzuhauchen», so Hofmann.

Wohnen über der «Chäsi»

Seit ihrem 55-jährigen Bestehen hat auch die Baugenossenschaft Grüningen (BGG) das Ortsbild massgeblich mitgestaltet. Mit den 106 bezahlbaren Mietwohnungen hat die BGG auch eine wichtige soziale Funktion und verschafft als Auftraggeberin dem örtlichen und regionalen Gewerbe Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten. Ihr neustes Projekt ist das Erstellen von zusätzlichem Wohnraum über der «Chäsi» mitten im Dorf. Schon diesen Juni soll das Gebäude bis auf die Decke über dem Erdgeschoss zurückgebaut werden, dann um 1,4 Meter erhöht und darauf Wohnungen gebaut werden. «Der Charakter des Hauses wird erhalten, wir werden es isolieren, aber in der Form nicht verändern», sagt Walter Pfister von der Baugenossenschaft.

Über der «Chäsi» sollen bis zum kommenden Frühling neue Wohnungen entstehen. Bild: mg

Zwei grosse und eine kleinere Wohnung

Damit es schnell realisiert werden kann, erfolgt die Aufstockung als Holz-Elementbau. Durch die Erhöhung entsteht mehr Wohnraum. Im Erdgeschoss wird es ein Studio und einen Gewerberaum geben, in der ersten Etage eine grosse 4½-, eine 5½-Maisonette und in der zweiten Etage eine 2½-Zimmer-Wohnung. «Weil wir für jede Wohnung ein bis zwei Parkplätze zur Verfügung stellen müssen, sind es nur vier Wohnungen g worden», erklärt Nicole Krienbühl vom Architekturbüro Leuthold Partner AG. Vier Parkplätze beim Hühnerbrunnen werden der Baugenossenschaft von der Gemeinde im Baurecht zur Verfügung gestellt.Wenn alles nach Plan läuft, sollen die neuen Wohnungen im Frühling 2026 bezugsbereit sein. Während der Umbauzeit bleibt die «Chäsi» im Sommer während dreier Monate geschlossen.

Infoabend und Jubiläum

Info-Abend und Begehung des Gerichtshauses: Mittwoch, 21. Mai 2025, 17–19 Uhr
GV und 55-Jahr-Jubiläum der Baugenossenschaft: Freitag, 9. Mai 2025, 17.30 / 18.30 Uhr

www.bgg-grueningen.ch

Martina Gradmann