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Gossau ZH
18.03.2025
18.03.2025 07:11 Uhr

Langweidstrasse: Begegnungszone wird nicht weiterverfolgt

Eine Langweidstrasse mit Begegnungszone ist vom Tisch. (Archivbild)
Eine Langweidstrasse mit Begegnungszone ist vom Tisch. (Archivbild) Bild: Facebook
Nach den Ergebnissen des letzten Versuchs mit Begegnungszone hat der Gemeinderat Gossau ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben.

Die Langweidstrasse in Grüt ist aufgrund der Verkehrssituation seit Jahrzehnten eine Problemstrasse.

Über 2000 Fahrzeuge pro Tag

Die kommunale Quartierstrasse, die in der Verlängerung von Grüt über den Nübruch in Wetzikon in Richtung Aathal führt, ist eine beliebte Route für den Umweg- respektive den Schleichverkehr, wenn in Wetzikon auf der heutigen Nationalstrasse der Verkehr stockt – was sehr häufig der Fall ist.

Pro Tag werden auf dieser Strasse über 2'000 Fahrzeugen gezählt – für die Anwohner eine enorme Belastung und wegen fehlendem Trottoir auch gefährlich für Fussgänger.

Seit Jahren fordert die IG Langweidstrasse, dass Massnahmen gegen das massive Verkehrsaufkommen ergriffen werden. Die Langweidstrasse sei zudem eine Quartierstrasse an, weshalb der Verkehr gar nicht erst über diese geführt werden dürfte, sondern auf das übergeordnete Strassennetz geleitet werden müsste.

Dass die Situation unbefriedigend ist, anerkennt auch der Gemeinderat von Gossau: «Der Ausbaustandard der Strasse passt nicht zu diesem Verkehrsaufkommen, schon gar nicht für grosse Fahrzeuge wie Lastwagen und dergleichen», schreibt der Gemeinderat in seiner Mitteilung. Zudem beeinträchtige das grosse Verkehrsaufkommen die Wohnqualität an dieser Quartierstrasse.

Etliche Versuche

In der Vergangenheit wurden auf Drängen der Anwohner von der Gemeinde diverse Massnahmen getestet, wie Tempo 30, Verengungen, Markierungen, Pfosten, Verkehrs- und Geschwindigkeitsmessungen etc., um dem Problem des zu hohen Verkehrsaufkommens und der Sicherheit zu begegnen. «Das eigentliche Problem des grossen Durchgangsverkehrs / Schleichverkehrs konnte dadurch aber nicht gelöst werden», stellt der Gemeinderat fest.

Ein im Jahr 2018 lanciertes Erneuerungsprojekt mit entsprechendem Landerwerb ist aus verschiedenen Gründen gescheitert.

Ein Versuch mit einem Lastwagenfahrverbot im Jahr 2021 habe aufgezeigt, dass damit die bisher durchfahrenden Lastwagen pro Tag problemlos verlagert werden können und dass mit einem Verbot zumindest in Bezug auf die Sicherheit ohne grössere negative Auswirkungen auf anderen kommunalen Strassen etwas erreicht werden könnte.

Zustimmung der Stadt Wetzikon nötig

«Allerdings müsste für ein dauerhaftes Lastwagenfahrverbot auch die Stadt Wetzikon zustimmen», so der Gemeinderat.

2022 wurde ein weiterer Versuch unternommen, bei dem die Auswirkungen einer Vollsperrung auf andere Strassen untersucht wurden. Auch für eine dauerhafte Sperrung der Strasse für den überkommunalen Umweg- und Schleichverkehr müsste laut Gemeinderat eine Zustimmung der Stadt Wetzikon sowie «vieler weiterer Stellen und Beteiligter» vorliegen.

Versuchsbetrieb mit Begegnungszone

Im August 2024 beschloss der Gemeinderat einen weiteren Versuch: Eine Begegnungszone mit einer intensiv verbauten Langweidstrasse zur «Verbrämung» des überkommunalen Durchgangsverkehrs.

Ziel: Ungemütlich machen

Im Rahmen dieses Versuchsbetriebs wurde die Langweidstrasse mit temporären Gestaltungs- und Möblierungselementen zur Erhöhung des Durchfahrtwiderstandes ausgestattet.

Die Verkehrsteilnehmer, welche nicht zum Ziel- und Quellverkehr gehören, sollten sich dadurch möglichst «fehl am Platz fühlen» und bei der nächsten Fahrt eine andere Route wählen.

Der Versuch dauerte vom 16. September bis 13. November 2024 und wurde durch ein beauftragtes Planungsbüro begleitet. Dazu gehörten auch Beobachtungen vor Ort, Kameraaufnahmen und Verkehrsmessungen auf der Langweidstrasse wie auch auf den umliegenden Verkehrsachsen Heusberg-, Hard- und Lindenhofstrasse.

«Der Ansatz war, mit einer laufenden Anpassung während des Versuchsbetriebs, die Durchfahrt zunehmend unattraktiver zu machen», so der Gemeinderat. Zudem sei ein weiteres Hauptanliegen gewesen, mit der Versuchsanordnung zu bewirken, dass die Langweidstrasse als übergeordnete Hauptverbindungsroute aus den Strassennavigations-Systemen eliminiert werden kann.

Eingesetzt wurden gemäss Mitteilung verschiedenste, auch «unkonventionelle», Gestaltungselemente. Beispiele: Markierungen mit farblicher Gestaltung der Strassenoberfläche (FGSO), horizontale und vertikale Versätze, Poller, Blumenkisten, Beton-Legosteine, Infoplakate, Signalisierungen, Banner etc.

Auf der Hardstrasse wurde parallel dazu im Ausserortsbereich Tempo 60 als zusätzliche Massnahme signalisiert.

«Mit dem Versuchsbetrieb konnten primär die Durchfahrtswiderstände simuliert werden, jedoch war es nicht möglich, den Eindruck und das Flair einer wirklichen Begegnungszone zu veranschaulichen», schreibt der Gemeinderat in seiner Mitteilung.

Viele Rückmeldungen

Mit der IG Langweidstrasse hätten mehrere Sitzungen stattgefunden. Diese habe sich dadurch direkt vor und während des Versuchsbetriebs einbringen können.

Zudem seien im Vorfeld und im Laufe des Versuchs Gespräche mit Landwirten, Anstössern, Feuerwehr, Stadtpolizei etc. geführt worden. Insgesamt seien aus der Bevölkerung viele Rückmeldungen zum Verkehrsversuch eingegangen.

Verkehr halbiert

Der Verkehrsversuch auf der Langweidstrasse habe wichtige Erkenntnisse geliefert, so der Gemeinderat weiter.

Die Wirkung der Versuchsanordnung im Hinblick auf eine mögliche Begegnungszone sei mit einer Verkehrs-Reduktion von fast 50 Prozent wider Erwarten überraschend sehr hoch. Mit der intensiven Möblierung der Strasse – trotz provisorischem Charakter – habe ein sehr gutes, verkehrsreduzierendes Ergebnis erzielt werden können.

Belastete Hardstrasse

Trotz der massiven Verkehrsminderung auf der Langweidstrasse sei auf der Hardstrasse praktisch keine Verkehrszunahme gemessen worden.

Auf der Heusbergstrasse hingegen sei ein Mehrverkehr von ca. 10 Prozent festgestellt worden, dem bei einer definitiven Lösung auf der Langweidstrasse mit flankierenden Massnahmen begegnet werden müsste.

Die Verkehrssicherheit, insbesondere für Fussgänger und Velofahrer, habe sich trotz markant geringerer Verkehrsmengen in der Langweidstrasse aber eher verschlechtert. Zudem habe man festgestellt, dass der durchfahrende Verkehr leider verbotenerweise private Vorplätze zum Kreuzen und Durchfahren benutzte.

Einzelne laufende Anpassungen wie das Versetzen von Hindernissen führten lokal zu Entlastungen, doch insgesamt sei die Situation für Fussgänger schwierig und konfliktbeladen gewesen.

Diese in der Versuchsphase negativen Begleitumstände seien aber auch der provisorischen Versuchsanordnung geschuldet und hätten mit der Einrichtung einer definitiven Begegnungszone entsprechend gelöst werden müssen.

Auch sei innerhalb der Begegnungszone das Geschwindigkeitsziel Tempo 20 leicht verfehlt worden. Zwar hätte sich zu Beginn des Versuchs ein deutlicher Rückgang der Geschwindigkeiten gezeigt, doch im weiteren Verlauf seien diese wieder leicht angestiegen.

Heftige Reaktionen

Während des Versuchsbetriebs sei es sehr häufig, teilweise täglich, zu Vandalismus gekommen, indem u. a. Möblierungen mutwillig verschoben und beschädigt worden seien. Oder der Verkehr sei zu Hauptverkehrszeiten bewusst blockiert worden.

«Der Unterhaltsdienst der Gemeinde musste praktisch jeden Morgen einen Kontrollgang vornehmen, um so verschobene oder zerstörte Elemente neu herzustellen und zu richten», erklärt der Gemeinderat.

Einzelne Automobilisten hätten die ganze Strecke gar hupend oder mit laut aufheulendem Motor abgefahren, andere hätten Anwohner bedroht.

«Solche unschönen Reaktionen, ein solcher Egoismus und eine solche Verständnislosigkeit einzelner Menschen hat der Gemeinderat Gossau in keiner Weise erwartet», schreibt dieser. Er bedauere sehr, dass es während des Versuchsbetriebs zu solch unschönen Nebenwirkungen gekommen sei. Rücksichtnahme und Verständnis seien leider kaum vorhanden gewesen.

Begegnungszone wird nicht weiterverfolgt

Der Gemeinderat hat nun entschieden, trotz der deutlichen Verkehrsabnahme, die Stossrichtung einer Begegnungszone nicht weiterzuverfolgen.

Versuche gehen weiter

Seit einiger Zeit prüfe die Gemeinde zusammen mit dem Kanton Lösungsansätze auf übergeordneter Stufe. Diese sollen grossräumig darauf hinwirken, dass der Verkehr nicht über das kommunale Verkehrsnetz und damit z. B. über die Langweidstrasse läuft, sondern auf den Hauptachsen bleibt. Aktuell seien die kommunalen Strassen zu attraktiv für den Durchgangsverkehr.

Von 80 auf 60 km/h

Eine neue Studie, die unter Federführung des Kantons ausgearbeitet worden sei, zeige auf, dass mit signalisationstechnischen Massnahmen auf dem kommunalen Strassennetz eine erhebliche und willkommene Verlagerung des quartierfremden Verkehrs auf die besser ausgebauten Kantonsstrassen erzielt werden könne. «Die wirkungsvollsten Massnahmen sind eine Reduktion der signalisierten maximalen Geschwindigkeit von 80 km/h auf 60 km/h sowie Lastwagen-Fahrverbote auf untergeordneten Strassen (mit Zubringerdienst gestattet) im Innerorts- und Ausserortsbereich.»

Modellberechnungen würden belegen, dass damit alle kommunalen Verbindungsstrassen und auch die Langweidstrasse entlastet werden könnten.

Gutachten für 70‘000 Franken

Damit dies umgesetzt werden könne, brauche es jedoch zunächst verkehrstechnische Gutachten für die verschiedenen Ausserortsstrassen, um bei der Kantonspolizei die neue Signalisierung beantragen zu können.

«Es drängt sich ein Zusammenspiel im ganzen Strassennetz auf, um das Problem des Durchfahrtsverkehrs für die ganze Gemeinde zu bekämpfen», so der Gemeinderat. Einzelmassnahmen nur für die Langweidstrasse seien in diesem Kontext nicht zielführend.

Dieser Ansatz werde nun seitens des Gemeinderats prioritär weiterverfolgt. Er habe an der Sitzung vom 26. Februar 2025 einen Kredit von 70'000 Franken für diese Gutachten bewilligt. Der Auftrag an das Planungsbüro sei erfolgt.

Die Ausarbeitung der Gutachten inkl. Erhebung der Verkehrszahlen brauche jedoch Zeit, da u.a. ergänzende Verkehrszählungen nötig seien.

Bis Sommer 2025

Nach den Sommerferien 2025 sollten die Gutachten dem Gemeinderat vorliegen, so dass anschliessend den zuständigen Stellen der Kantonspolizei die Genehmigung beantragt werden könne. Zudem sei auch teilweise eine Abstimmung mit umliegenden Gemeinden, insbesondere mit der Stadt Wetzikon, erforderlich.

Ergänzend dazu würden für die Langweidstrasse noch lokale Alternativen wie z. B. dynamische, richtungsorientierte Sperrungen in den Spitzenstunden geprüft.

Zürioberland24/bt