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Gossau ZH
13.03.2025
13.03.2025 15:57 Uhr

Budgetplatte am «Gwerbler-Zmorge»

Gemeinderat Daniel Baldenweg informierte über aktuelle und künftige Bauprojekte, u.a. über jenes in Bertschikon.
Gemeinderat Daniel Baldenweg informierte über aktuelle und künftige Bauprojekte, u.a. über jenes in Bertschikon. Bild: bt
Zum 20. Mal lud der Gemeinderat die Gewerbetreibenden von Gossau zum «Gwerbler-Zmorge» ein. Aus Sicht des Gemeindepräsidenten keine Selbstverständlichkeit.

Seit Jahren lädt der Gossauer Gemeinderat das Gewerbe von Gossau einmal im Jahr um 7 Uhr in die Altrüti ein, wo ein feines Frühstücksbuffet der Landfrauen auf Handwerker und Bürolisten wartet. Während die Gäste in feinsten selbstgemachten Zopf und hiesigen Käse beissen, informiert der Gemeinderat über aktuelle Projekte der Gemeinde. Am 13. März fand die 20. Veranstaltung statt. 

Das diesjährige Treffen startete der Gemeindepräsident Jörg Kündig mit den Worten: «Dass der heutige Anlass stattfindet, ist keine Selbstverständlichkeit. Denn dieser Anlass kostet Geld.» Und das sei, nachdem das Budget an der letzten Gemeindeversammlung massiv gekürzt worden sei, nur beschränkt vorhanden.

Jahresrechnung mit Plus statt Minus

Die Jahresrechnung 2024 sei erfreulich. Budgetiert war ein Minus von 1,4 Mio. Franken, es habe jedoch ein Plus von 100'000 Franken resultiert. «Ganz so schlecht haben wir also nicht gearbeitet», sagte Kündig dazu. Kritiker könnten behaupten, man hat einfach schlecht budgetiert.

Die Arbeit der Gemeindebehörden kann man dann loben oder tadeln, wenn die detaillierte Jahresrechnung 2024 vorliegt. Das wird an der Gemeindeversammlung vom 16. Juni 2025 der Fall sein.

Zentrum wird zur Langzeit-Baustelle

Gemeinderat Daniel Baldenweg, Ressortvorsteher Hochbau und Planung, informierte über die anstehenden Bauprojekte im Zentrum von Gossau sowie in Bertschikon. Dieses Projekt steht derzeit still, weil es Einsprachen gab und nun noch Fragen zum Thema Kernzone offen sind.

Neben der Überbauung «Stadt-Land-Fluss» der Accum im Zentrum Gossau steht mit der Überbauung «Büelgass» auf dem Areal der Firma Industrie Metall Angst AG ein weiteres grösseres Bauvorhaben an und als dritter Teil ist die Neugestaltung der Parzelle vis-à-vis der Migros geplant, wo sich heute u.a. ein Radio-TV-Geschäft befindet. Diese befindet sich ebenfalls im Besitz der Accum.

Das Zentrum, das durch seine neuen Bauten einen Anteil von 20 Prozent an Wohn- und Geschäftsraum beinhalten soll, bedeute eine allgemeine Aufwertung des Zentrums, so Baldenweg. Bis es so weit sei, brauche es aber Geduld.

Damit dürfte das Zentrum in den nächsten Jahren zur Langzeit-Baustelle werden und die Anwohner wie auch das Gewerbe massiv belasten. Es ist zu hoffen, dass das Gewerbe einen so langen Atem hat. Sonst wird nichts aus einem mit Gewerbe belebten Zentrum. Die Kunden bleiben bereits wenige Wochen nach Baustellenbeginn weg, wie man im Gespräch mit dem dortigen Gewerbe erfährt. Jeder Baustellentag ist ein Leidenstag für sie.

Sanierung Grütstrasse bleibt Thema

Gemeinderat Giorgiano informierte die Anwesenden als Vertretung für die Gemeinderätin Elisabeth Pflugshaupt über die aktuelle Sanierung der Grütstrasse. Die Zusammenarbeit mit dem Kanton funktioniere gut, so Giorgiano. Der Start im Februar sei schwierig gewesen, bis die Verkehrsteilnehmer sich mit der neuen Verkehrsführung zurechtgefunden hätten.

Auch von Seiten Gewerbe seien Themen an den Gemeinderat herangetreten worden, u.a. zur Signalisation. Jörg Kündig betonte, dass man die Anliegen ernst nehme und die Situation laufend prüfe. Wenn es Probleme gebe, solle man sich melden. Dabei merkte Kündig an, dass die Gemeindeangestellten teilweise unter der Gürtellinie behandelt und beschimpft würden. Das sei unschön und für die Mitarbeitenden nicht einfach.

Für Anliegen rund um die Sanierung Grütstrasse soll man sich an den Projektleiter beim Kanton bzw. an Basler & Hofmann wenden (Kontaktdaten siehe Info-Box).

Am Info-Anlass wurde auch über Aktuelles zur Sanierung der Grütstrasse berichtet. Bild: bt

Knotenpunkt Haldenstrasse

Auf der Haldenstrasse würden jetzt 2'500 Fahrzeuge am Tag gemessen, was für die Anwohner natürlich eine Belastung sei. Dort rege sich bereits Widerstand. Man sei in Kontakt mit ihnen und überprüfe die Situation laufend neu. So werde auf der Haldenstrasse voraussichtlich ein Lastwagen-Fahrverbot eingerichtet, wobei geplant sei, dem Gossauer Gewerbe und deren Zulieferern Bewilligungen zu ermöglichen.

Beim Kindergarten Unterhofen werde ein Fussgängerstreifen mit Beleuchtung eingerichtet, der auch nach Beendigung der Sanierungsarbeiten bestehen bleibe. Die Kantonspolizei habe ihr Einverständnis dafür gegeben.

Jenen Gewerbetreibenden, die morgens um 7.30 Uhr schon wach waren, dürften auf dem Chart der Präsentation gesehen haben, dass die Arbeiten «bis Ende 2026» angegeben wurden und der Deckbelagseinbau mit «2027». Bislang hiess es, die Sanierungsarbeiten seien im Spätherbst 2026 abgeschlossen und der Deckenbelag erfolge im Frühjahr 2027. Rechnen Kanton und Gemeinde bereits mit einer Verzögerung? Aber wir wollen mal nicht den Teufel an die Wand malen.

Kontaktadressen Sanierung Grütstrasse


Projektleitung beim Kanton:
Silvan Künzler, Tel. 043 259 55 73, silvan.kuenzler@bd.zh.ch

Fragen zur Verkehrsführung, Zufahren, Anliegen von Anstössern, zum Bauprogramm usw.:
Martin Stalder, Tel. 044 387 15 76, martin.stalder@baslerhofmann.ch.

> Info-Seite Gemeinde Gossau ZH
> Projektseite Tiefbauamt Kanton Zürich

Propaganda für Stelle Leitung Bildung

Auch Gemeinderat und Schulpflegepräsident Patrick Umbach wandte sich an das Gossauer Gewerbe. Er zeigte die Kostenentwicklung der Schule der letzten Jahre auf. Dabei ging er auch auf das Thema der integrativen Schule ein, das derzeit auf politischer Ebene diskutiert wird.

Auch ging Umbach auf die Belastung der Schulleiterinnen und Schulleiter ein, die mehrheitlich als Troubleshooter tätig seien, aber ihre eigentlichen Kernaufgaben nicht ausüben könnten. Die Lösung sei die Schaffung der Leitung Bildung, über die am 18. Mai 2025 im Rahmen der Totalrevision der Gemeindeordnung abgestimmt wird (wir berichteten). Damit würde auch die Schulpflege entlastet, so Umbach.

Wie Umbach einleitend vorwegschickte, hatte das alles mit dem Gossauer Gewerbe und seinen Bedürfnissen herzlich wenig zu tun – bis auf den Aufruf, dass sich die Gossauer Gewerbetreibenden doch bitte am Projekt LIFT beteiligen sollen (siehe Info-Box). Letztendlich war es vor allem eines: Werbung für die Abstimmung vom 18. Mai.

LIFT – Programm für Integration und Prävention

Das Jugendprojekt LIFT ermöglicht Jugendlichen mit erschwerter Ausgangslage bessere Chancen beim Einstieg in die Arbeitswelt. Diese Jugendlichen entscheiden sich schon in der 7. Klasse, in der Freizeit freiwillig in einem Betrieb mitzuarbeiten. In wöchentlichen Kurzeinsätzen schnuppern die Jugendlichen in der schulfreien Zeit Arbeitsluft. Sie helfen etwa im Schuhladen beim Verkauf, gehen in einer Garage beim Ölwechsel zur Hand oder übernehmen in einer Schokoladenfabrik produktive Arbeiten.

Betriebe geben ihnen eine echte Chance und können so Nachwuchs finden. Schulen begleiten diesen Einsatz am Wochenarbeitsplatz und erhalten dabei Unterstützung durch die regionalen LIFT-Teams.

Die Schule Gossau beteiligt sich am Projekt. Interessierte Betriebe können sich an Fabienne Defuns, WAP-Koordinatorin an der Schule Gossau, wenden. fabienne.defuns@schulegossau-zh.ch

Mehr Infos: www.jugendprojekt-lift.ch

Energieberater?

Gemeinderat Stefan Wild erläuterte im Anschluss ein paar Themen aus seinem Ressort Energie und Umwelt, u.a. zur Rezertifizierung des Energiestadt-Labels und über geplante Projekte wie PV-Anlagen auf Schulhäusern. Dabei erwähnte auch Wild beiläufig, dass gewisse Projekte wegen dem gekürzten Budget noch pendent seien.

Jörg Kündig ergänzte, dass eine Folge der Kürzungen sei, dass man den Posten des Energieberaters gestrichen habe. Die Frage ist, wie viele im Saal überhaupt je von einem solchen Energieberater und dessen Dienstleistungen gehört haben. Er dürfte entbehrlich sein.

Wenige Fragen

Wie jedes Jahr konnten die Gewerbetreibenden im Vorfeld Fragen anmelden, die am Anlass behandelt werden. Eine Frage lautete, was die Gemeinde konkret für das Gossauer Gewerbe tue und welche Dienstleistungen sie erbringe. Konkrete Beispiele konnte Kündig dabei nicht nennen. Man sei bestrebt, dem Gewerbe kurze Wege zu bieten oder z. B. bei Fristen entgegenzukommen. Man sehe sich als Dienstleister. Man sei ausserdem bestrebt, bei Aufträgen das Gossauer Gewerbe zu berücksichtigen. Im Zuge von Submissionen sei das nicht immer ganz einfach – oder wenn es viele Anbieter gebe.

Die Betreiberin eines Coiffeurgeschäfts kritisierte die «katastrophale Parkplatzsituation» an der Chapfstrasse. Gemeinderat Giorgiano bestätigte, dass es dort jeweils chaotisch zu und her gehe. Er betonte, dass man in solchen Fällen die Polizei unter der Nummer 117 rufen solle. Diese sei zuständig und nicht die Gemeinde. Auch bringe es nichts, wenn am Wochenende Jugendliche Lärm machten oder Abfall hinterlassen und man sich dann am Montag erst bei der Gemeinde melde. Dann könnten sie nichts mehr tun. Auch in solchen Fällen solle man die Polizei rufen.

Weitere Fragen von Seiten Gewerbe gingen nicht ein und es wurden keine gestellt. Auch die Präsidentin des Gewerbevereins hatte keine Neuigkeiten für die Anwesenden. Und so schloss der Gemeindepräsident die Veranstaltung vorzeitig mit guten Wünschen fürs laufende Jahr und der Information, dass der nächste «Gwerbler-Zmorge» am 12. März 2026 stattfinde.

Es ist zu hoffen, dass der Gemeinderat an weiteren Veranstaltungen im 2025 nun nicht ständig die «Budgetplatte» spielt und dass er im Budgetsäckel 2026 noch etwas Geld für ein Stück Brot und einen Kaffee für das steuerzahlende Gewerbe von Gossau übrig hat.

Kleiner Kosten-Spar-Tipp am Rande: Man müsste vielleicht keinen Fotografen engagieren, der während des ganzen Anlasses Fotos schiesst, die niemand braucht. Und vielleicht müssten auch keine gelangweilten Gemeindeangestellten am Anlass teilnehmen, die isoliert an einem Tisch sitzen und mit gesenktem Kopf im Handy herumtippen, statt in Dialog mit dem Gewerbe zu treten.

Barbara Tudor