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Gossau ZH
11.01.2025
14.04.2025 14:20 Uhr

Neue Gemeindeordnung: SVP übt massiv Kritik

Die SVP Gossau ZH lehnt diverse geplante Änderungen des Gemeinderats in der neuen Gemeindeordnung ab. (Symbolbild)
Die SVP Gossau ZH lehnt diverse geplante Änderungen des Gemeinderats in der neuen Gemeindeordnung ab. (Symbolbild) Bild: AdobeStock/ZO24
Die SVP Gossau ZH beurteilt die Totalrevision der Gemeindeordnung (GO) äusserst kritisch. Vor allem die Abschaffung der Sozialbehörde und die Verkleinerung der Schulpflege sind ihr ein Dorn im Auge. Darüber hinaus plant die Partei eine Einzelinitiative zur Einführung einer Schuldenbremse.

Die Gemeindeordnung Gossau ZH (GO), die seit 2018 in Kraft ist, soll erneuert werden (wir berichteten). Im Vorschlag des Gemeinderats sollen u.a. die Sozialbehörde und der Bürgerrechtsausschuss aus der Gemeindeordnung gestrichen werden. Der Vorschlag enthält aber auch andere Anpassungswünsche, die der SVP sauer aufstossen: «Die SVP beurteilt die erwähnte Vorlage kritisch und tendiert zur Ablehnung», heisst es in einer Stellungnahme an den Gemeinderat, die Zürioberland24 vorliegt.

«Weitere Zersetzung des Milizsystems»

Mit Sorge und Befremden stelle die SVP fest, dass der Gemeinderat eine weitere Schwächung des Milizwesens anstrebe oder zumindest in Kauf nehme. «Die Abschaffung der Sozialbehörde, die Verkleinerung der Schulpflege und die Schaffung einer 'Leitung Bildung' stellt eine Machtverschiebung vom Souverän hin zur Verwaltung dar», schreibt die Partei in ihrer Stellungnahme.

Die Milizarbeit beinhalte weit mehr als ein Neben- oder Ehrenamt im Sinne der gemeinnützigen Arbeit. Sie stelle eine der wichtigsten Stützen der schweizerischen politischen Kultur dar. Zusammen mit dem Vereinswesen stelle das Milizprinzip bis heute in politischer Hinsicht auf Gemeinde-, Kantons- und Bundesebene ein wesentliches Merkmal des föderalistischen direktdemokratischen Staates dar.

«Die vorliegende Revision enthält noch mehr Verwaltung und noch mehr staatlichen Aktivismus.»
SVP Gossau ZH

Ohne Sinn für die Kosten

Die SVP habe denn auch mit Besorgnis von den Kostensteigerungen und den ständig zunehmenden Stellen in der Gemeindeverwaltung Kenntnis nehmen müssen, dies bei mehrheitlich konstanter Bevölkerung. Die finanziellen Folgen seien nicht mehr tragbar. Die vorliegende Revision sei aus Sicht der SVP ein Mehr von der bisherigen untauglichen Medizin, nämlich noch mehr Verwaltung und noch mehr staatlichem Aktivismus.

Auch der Gemeindepräsident und Generalstabsoberst, Jörg Kündig, habe in der Vergangenheit immer wieder betont, wie sehr ihm die Miliz am Herzen liege. «Gossau verdient eine Gemeindeordnung, in der diese Geisteshaltung zum Ausdruck kommt.»

«Die Behörden nahmen sich viele Monate bezahlte Arbeitszeit, während sich der Bürger kurzfristig über die Festtage mit der Vorlage abmühen muss.»
SVP Gossau ZH

Zu kurze Vernehmlassungsfrist

Weiter stört sich die SVP an der äusserst kurzen Vernehmlassungsfrist der Gemeindeordnung über die Festtage und Weihnachtsferien (Der Gemeinderat publizierte die Informationen am 21.11.24 auf der Gemeinde-Homepage mit Frist vom 25.11.24 bis 13.1.2025, Anmerkung der Redaktion).

Die Revision der Gemeindeordnung sei ein wichtiges Geschäft, das eine entsprechend seriöse und vertiefte Behandlung verdiene. «Die Fristansetzung ist eine Zumutung. Das ist nicht die Art und Weise, wie jemand mit dem Souverän verkehrt, dem an Transparenz und gegenseitiger, auf Vertrauen basierender Kommunikation gelegen ist», schreibt SVP-Präsident Claudio Zanetti in der Stellungnahme.

Die kurze Vernehmlassungsfrist über die Festtage erscheine noch fragwürdiger vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Vorlage. Denn bereits am 10. April 2024 wurde die Vorlage in einer früheren Fassung dem Gemeindeamt zur Vorprüfung eingereicht. «Die Behörden nahmen sich also viele Monate bezahlte Arbeitszeit, während sich der Bürger kurzfristig über die Festtage mit der Vorlage abmühen muss.»

«Der Gemeinderat will die Sozialbehörde abschaffen. Dieser Entscheid ist ohne Vorliegen einer Stellungnahme seitens der betroffenen Sozialbehörde gefällt worden. Diese Unterlassung ist schwerwiegend und stellt eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben dar.»
SVP Gossau ZH

Abschaffung der Sozialbehörden ohne deren Anhörung

Der Gemeinderat will die Sozialbehörde auf die nächste Legislaturperiode hin abschaffen, worauf in Kapitel 2.8 der GO inhaltlich eingegangen wird. Dieser Entscheid ist gemäss SVP ohne Vorliegen einer Stellungnahme seitens der betroffenen Sozialbehörde gefällt worden. Diese könne lediglich auf dem Weg der Vernehmlassung ihre Meinung kundtun.

«Diese Unterlassung bei der Ausarbeitung der Vorlage ist schwerwiegend und stellt eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben dar», schreibt die SVP in ihrer Stellungnahme. «Von einer Gemeindeleitung, die bei jeder Gelegenheit betont, wie wichtig ihr Transparenz und eine auf Vertrauen basierende Kommunikation seien, erwartet man etwas anderes».

Ausserdem seien die Kosten in den letzten Jahrzehnten in keinem anderen Bereich stärker angestiegen als im Sozialbereich. Umso wichtiger seien Menschen, die auch das legitime Interesse der steuerzahlenden Bevölkerung im Auge habe und die Probleme an der Basis kenne. Die demokratischen Einflussmöglichkeiten seien darum nicht zu schwächen, sondern vielmehr zu stärken.

SVP will keinen Artikel «Nachhaltigkeit»

In der Gemeindeordnung soll neu ein Passus zum Thema Nachhaltigkeit eingefügt werden: «Die Gemeinde Gossau ZH setzt in der Energie- und Umweltpolitik auf ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit.» Allerdings wird im Vorschlag der neuen GO nicht weiter erläutert, was das heisst oder wie das konkret umgesetzt werden soll.

Daran stört sich die SVP. Es handle sich um einen «deklaratorischen» Artikel, auf den man getrost verzichten könne, weil das Anliegen bereits hinreichend in der Bundesverfassung und auch in der Zürcher Kantonsverfassung abgedeckt sei.

Gleichzeitig warnt sie vor Begehrlichkeiten und den damit einhergehenden Kostenfolgen, die solche deklaratorischen Artikel wecken könnten. «Zwar wird dem entgegengehalten, es liessen sich daraus keine Rechtsansprüche ableiten. «Doch dann handelt es sich erst recht um Plattitüden, die nicht in einen Rechtserlass gehören», sagt Claudio Zanetti, Parteipräsident der SVP Gossau ZH.

Einwände zu Urnenabstimmung und Finanzbefugnissen

Mit Annahme der neuen GO würde den Stimmberechtigten die Möglichkeit entzogen, über die Bewilligung von Eventualverbindlichkeiten von mehr als 500'000 Franken abzustimmen (Art. 10 der GO). Auch soll, wenn es nach dem Willen des Gemeinderats geht, die Gemeindeversammlung künftig nicht mehr über Eventualverbindlichkeiten im Bereich Finanzbegufnisse bis 500'000 Franken abstimmen können.

Nach Meinung der SVP sollen beide Passus in der GO bestehen bleiben, weil Eventualverbindlichkeiten in absehbarer Zeit eine Rolle spielen könnten, wenn z. B. die Finanzierung für das GZO Spital Wetzikon zur Diskussion stehe. «Eine Bürgschaft oder Garantie wäre eine Eventualverbindlichkeit, und darüber soll die Gemeindeversammlung abstimmen können», sagt Zanetti.

Die Ausgabenkompetenzen der Exekutive seien in den letzten Jahren zu gross gewesen. «Entscheide über Anlässe wie Tour de Suisse oder Rad-WM müssen von der Gemeindeversammlung bewilligt werden und dürfen nicht vom Gemeinderat in eigener Kompetenz entschieden werden». Auch die Investitionsplanung müsse weiterhin der Generalversammlung zur Kenntnisnahme vorgelegt werden.

Nein zu verkleinerter Schulpflege und Schaffung einer Leitung Bildung

Ebenfalls ein Nein gibt's von der SVP zur geplanten Reduktion der Mitglieder der Schulpflege. Der Gemeinderat will diese von sieben auf fünf Mitglieder reduzieren. Aus Sicht der SVP wäre auch das eine «unerwünschte Schwächung des Milizwesens und eine ebenso unerwünschte Stärkung der Verwaltung». Es brauche eine starke Miliz-Schulpflege, die Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden verstehe.

Auch die Schaffung der Leitung Bildung sei abzulehnen, da dies eine «massive Machtverschiebung» weg von der Miliz hin zur Verwaltung bedeute. «Sollte Gossau diesen Weg einschlagen, wird sich schon in wenigen Jahren die Frage nach der Abschaffung der Schulpflege stellen», befürchtet die SVP.

«Wieder auf Stärken besinnen»

Die Gemeinde Gossau müsse sich wieder an den Stärken des Staatsaufbaus orientieren: Partizipation durch direkte Demokratie und Milizfunktionen, sparsamer Umgang mit Steuergeldern, Konzentration des staatlichen Handelns auf die unverzichtbaren staatlichen Handlungsfelder. «Der bisherige Kurs der Aufblähung der Verwaltung und der Übernahme immer neuer Aufgaben hat in eine finanzielle Sackgasse geführt und bedroht die Grundlagen unseres freiheitlichen Gemeinwesens», schreibt die Partei abschliessend.

SVP plant Einzelinitiative zur Schuldenbremse

Die SVP kündigt in ihrer Stellungnahme zudem eine Einzelinitiative zur Einführung einer Schuldenbremse an. Entsprechende Massnahmen sollen als zusätzlichen Artikel in die Gemeindeordnung aufgenommen werden und vier Instrumente enthalten: Mittelfristiger Ausgleich, Selbstfinanzierungsgrad von 100 % mit Ausgleichsreserve, Schuldenabbau  und Sparvorschläge.

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Barbara Tudor