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Gossau ZH
28.11.2024
28.11.2024 15:44 Uhr

«Eine für alli – alli für eine»

Bei den Mieterinnen und Mietern an der Berghofstrasse 7 gibt es immer viel zu sehen und zu lachen.
Bei den Mieterinnen und Mietern an der Berghofstrasse 7 gibt es immer viel zu sehen und zu lachen. Bild: gg
Ende 2022 wurde der Neubau an der Berghofstrasse 7 mit Kleinwohnungen für Seniorinnen und Senioren fertiggestellt. Seitdem ist das Miteinander dort lebendig: Die Bewohner gestalten ihre Freizeit gemeinsam und unterstützen sich im Alltag gegenseitig. Beim traditionellen Mittwochmorgen-Treff durften wir dabei sein.

Auf dem Gelände des ehemaligen Restaurants Bahnhöfli entstand Ende 2022 eine Wohnüberbauung mit Kleinwohnungen, Geschäftsräumlichkeiten und Café.

Das Konzept, initiiert von Andy Leutenegger, richtet sich an ältere Menschen ab dem Pensionsalter. Mit zwölf 1-Zimmer- und zwei 3-Zimmer-Wohnungen wird älteren Menschen ermöglicht, eigenständig zu wohnen und gleichzeitig sozialen Anschluss zu haben.

Von 64 bis 90 Jahren

Dort, wo das alte Haus des «Bahnhöfli» lange Zeit leer war, ist wieder Leben eingekehrt. Das Haus bietet aktuell 16 Personen im Alter von 64 bis 90 Jahren bezahlbaren Wohnraum mit einem einzigartigen Gemeinschaftskonzept. «Wir empfinden es als grosses Glück, dass wir alle so gut zusammenpassen, obwohl wir uns vorher nicht kannten», erzählt Regina Bachmann.

Monika Zaugg, mit 64 Jahren die Jüngste im Haus, sagt: «Ich habe mich beworben, weil man als Pensionierte mit einem bestimmten Einkommen eine Chance auf die Wohnung hat. Hier bekommen auch Senioren die Gelegenheit, schön zu wohnen.» Die Balkone sind grösstenteils zur Berghofstrasse und zum Ernst-Brugger-Platz ausgerichtet, damit die Mieter am Dorfleben teilhaben können. «Manchmal sitzen wir da wie Vögeli auf dem Stängeli», lacht eine Mieterin.

Regelmässige Treffen

Die Wohnungen sind komplett eingerichtet mit Küche und Bad. Im Garten können die Bewohner ein Hochbeet pflegen. Den Bewohnern stehen zudem eine Gemeinschaftsküche und ein Aufenthaltsraum für regelmässige Aktivitäten wie Kochen, Feiern, zum Basteln oder für ein gemütliches Zusammensein zur Verfügung. Durch die Aktivitäten sowie den Verkauf von Selbstgemachtem wird die Kaffeekasse gefüllt.

Die meisten Mieter kommen jeweils am Mittwochmorgen zusammen, um Unterstützung im Alltag zu besprechen und gemeinsame Einkäufe oder Entsorgungen zu planen. Regina Bachmann und Monika Zaugg übernehmen als Vertrauenspersonen koordinative Aufgaben.

Alles freiwillig

Die Aktivitäten seien alle freiwillig, würden aber sehr geschätzt. Geburtstagsfeiern, Ausflüge und festliche Anlässe wie an Silvester und Weihnachten stärken den Zusammenhalt. «Auch das Grillieren auf dem Balkon mit Pommes war ein Highlight», lacht eine 66-jährige Dame. Als Nächstes steht das Christbaumschmücken an: Auf jeder Etage und im Hauseingang wird einer stehen.

Notfallkontakte und Infotafel 

Auf einem zentralen Board sind Notfallkontakte vermerkt, und an den Türen wird auf einem Schild anzeigt, ob jemand zu Hause ist. «Als ich einmal gestürzt war, kam Frau Bachmann jeden Tag vorbei, um nach mir zu sehen», erzählt eine 86-jährige Mieterin. Bachmann ergänzt: «Wir haben vereinbart, aufeinander achtzugeben, aber Pflege leisten wir nicht. Dafür gibt es die Spitex oder Angehörige.» Es sei ein Geben und ein Nehmen, «eine für alli und alli für eine», sagt eine andere Bewohnerin.

Gruppen­-Chat hilft

Ein Gruppen-Chat und wöchentliche Treffen sorgen dafür, dass niemand allein bleibt. Technikfragen wie z. B. Handy-Probleme werden zusammen besprochen. «Manchmal habe ich Probleme mit dem Handy, aber es wird besser», lacht die 87-Jährige und zitiert Blacky Fuchsberger: «Altwerden ist nichts für Feiglinge.» Auch wenn jemand mal einen Motivationsschub braucht, unterstützt man sich gegenseitig. Und spaziert wird auch regelmässig. «Immer wenn wir spazieren waren, gehen wir nachher noch ins Café. Deswegen gehe ich überhaupt spazieren», meint der einzige Herr in der Runde, und alle lachen.

Ein Erfolgskonzept

Seit Mai 2023 ist das Haus voll besetzt. Ein klares Zeichen für den grossen Bedarf an gemeinschaftlichen Wohnformen für Senioren. Die Bewohner hoffen, dass dieses Vorzeigeprojekt als Modell für weitere dient. Es zeigt eindrucksvoll, wie gemeinsames Wohnen die Lebensqualität im Alter steigern und der Einsamkeit entgegenwirken kann.

Gabriela Gasser