Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Rüti ZH
16.10.2024

Projektchor glänzte mit beeindruckender Vielfalt

Abschlusskonzert der Chorwoche Zürcher Oberland 2024 mit Chor, Orchester und Solisten.
Abschlusskonzert der Chorwoche Zürcher Oberland 2024 mit Chor, Orchester und Solisten. Bild: kulturprojekte.zo
Am vergangenen Freitag gelang dem Projektchor, dem Orchester und den Solisten zum Abschluss einer intensiven Chorwoche eine eindrucksvolle Aufführung des Oratorium «Die letzten Dinge» von Louis Spohr. Das Konzert fand in der reformierten Kirche Rüti ZH statt.

In der Chorwoche Zürcher Oberland studierte Roger Widmer in diesem Jahr das Oratorium «Die letzten Dinge» von Louis Spohr in nur sieben Tagen ein (Zürioberland24 berichtete). Am Freitag, 11. Oktober 2024, führte er dieses ausdrucksvolle Werk in der reformierten Kirche Rüti ZH auf. Ihm zur Seite standen ein über 70-köpfiger Chor, ein Orchester mit 34 Musikerinnen und Musikern sowie die Solisten Anna Gitschthaler (Sopran), Chasper Curò-Mani (Bariton), Barbara Hensinger (Alt) und Christoph Waltle (Tenor). Die Aufführung zeichnete sich durch ihre aussergewöhnliche Intensität und Ausdruckskraft aus. Spohr steht dabei musikalisch in einer Linie mit Brahms, Mendelssohn und auch Händel.

Chor und Solisten als Einheit

Widmer dirigierte dieses Werk mit sicherer Hand, exzellenten Tempi und klaren Vorstellungen. Besonders beeindruckend war nach der Ouvertüre der Beginn mit «Preis und Ehre ihm». Die Solisten traten teilweise als Vorsänger auf oder wechselten sich mit dem Chor ab, sodass sie oft gemeinsam auftraten und eine Einheit bildeten. Erste Gänsehauteffekte gab es beim «Heilig, heilig», gesungen vom Tenor Christoph Waltle und dem Chor. 

Das Soloquartett zusammen mit dem Chor beeindruckte im bewegenden Stück «Heil dem Erbarmer». Chor und Orchester fanden mit Gitschthaler, Hensinger, Curò-Mani und Waltle zu einer eindringlichen Innigkeit.

Unbekanntes Werk entdeckt

Für viele war dieses Werk eine Entdeckung eines bislang unbekannten Stücks. Spohr reiht sich musikalisch in eine Tradition zwischen Brahms, Mendelssohn und Händel ein. Sein Oratorium zeichnete sich durch eingängige Melodien aus, wobei zahlreiche Passagen echten Ohrwurm-Charakter besassen. Der Chor nahm eine zentrale Rolle ein und prägte entscheidend die Erzählung des Oratoriums.

Zwölfstimmiger Chorgesang

Auch der Psalm 23 war Teil der Aufführung. In seiner Vertonung verwendet Spohr einen Doppelchor sowie ein Soloquartett. Der zwölfstimmige Chorgesang entfaltete sich als ein beeindruckendes Stimmenfeuerwerk, das für weitere Gänsehautmomente sorgte. «Da es sich um eine Chorwoche mit Tages- und Abendchor handelt, bot es sich an, dieses doppelchörige Werk aufzuführen», erzählt der in Wetzikon aufgewachsene Chorleiter.

Unisono bis mehrstimmig

Im zweiten Teil fielen die Chorsätze auf, die zunächst im Unisono beginnen und dann mehrstimmig werden (wie bei «So ihr mich von ganzem Herzen suchet», «Gefallen ist Babylon» und dem Schlusschor «Gross und wunderbarlich sind deine Werke»). Spohr legte grossen Wert auf Gebet und den festlichen Charakter der Musik, was Widmer fantasievoll umsetzte.

Im Mittelpunkt stand auch das bewegende Duett «Sei mir nicht schrecklich in der Not» von Sopranistin Gitschthaler und Tenor Waltle, in dem sie eine tiefgehende Innigkeit erreichten. Auch das «Selig sind die Toten», gesungen von Chor und Solo-Quartett, gehörte zu den Höhepunkten des Abends und löste einmal mehr spürbare, intensive Emotionen aus. Ein Besucher merkte an, dass Brahms vermutlich die wunderbaren «Selig-Passagen» von Spohr übernommen habe.

Orchester schuf ergreifende Augenblicke

Das 34-köpfige Orchester setzte sich überwiegend aus Berufsmusikern und -musikerinnen zusammen, von denen viele aus dem Zürcher Oberland stammen. Die Musizierenden meisterten ihre anspruchsvolle Rolle hervorragend und schufen immer wieder ergreifende Augenblicke, sei es in der Ouvertüre oder während der Sinfonia, die den zweiten Teil einleitete.

Viele Stamm-Sängerinnen und -Sänger

Roger Widmer leitet seit rund zwölf Jahren die Chorwoche Zürcher Oberland. In dieser Zeit wurden bereits zahlreiche Werke aufgeführt, darunter das Mozart-Requiem, das Brahms-Requiem, Puccini Messa die Gloria, die C-Dur Messe von Bethoven und im vergangenen Jahr das Requiem von Donizetti. Viele Teilnehmende waren von Anfang an dabei und zeigen nach wie vor grosse Begeisterung. Sie kommen nicht nur, um in dieser Woche viel zu lernen, sondern auch, weil es selten die Gelegenheit gibt, eine Aufführung mit so grossem Orchester und oft vier Solisten zu erleben.

Der Hauptgrund für ihr Kommen ist jedoch bei vielen auch der Chorleiter selbst, der mit Witz, Geduld und Entschlossenheit durch die Woche führt. «Sein unermüdlicher Einsatz, sein Elan und die sympathische, witzige Art, mit der er uns begeistert, sorgen dafür, dass ich immer wieder komme», sagt ein Teilnehmer.

Langanhaltender Applaus

Der Schlusschor stellte einen weiteren emotionalen Höhepunkt dar und entfaltete eine beeindruckende Intensität, die das Publikum berührte. Die kraftvollen Stimmen des Chors und die harmonische Instrumentierung erzeugten ein mitreissendes Klangerlebnis, das die Zuhörerinnen und Zuhörer in seinen Bann zog. Nach dem letzten Ton brach das Publikum in einen langanhaltenden Applaus aus, um seine Anerkennung und Begeisterung für die gelungene Darbietung zum Ausdruck zu bringen.

«Es hat sich sehr gelohnt, dieses unbekannte Werk zu entdecken», erzählt eine begeisterte Besucherin. Ein Mitglied des Projektchors wünscht sich, dass das Publikum sowie Sängerinnen und Sänger auch in Zukunft offen für neue und weniger bekannte Werke sind.« Es lohnt sich immer, denn dabei entdeckt man wunderbare Musik.»

12 Jahre Chorwoche Zürcher Oberland

2012 - Orff, Carmina Burana
2013 - Mit Pauken und Trompeten, Barockmusik von Händel, Charpentier, Purcell
2014 - Mozart, Requiem
2015 - Mendelssohn, Lauda Sion, Auszüge aus Elias, Psalm 42, Hör mein Bitten
2016 - Puccini, Messa di Gloria und Opernchöre
2017 - Fauré, Requiem/ Bizet, Te Deum
2018 - Händel, Dettinger Te Deum, u.a.
2019 - Cherubini, Requiem und Mozart Chöre aus Thamos
2020 - Palmieri, Misa a Buones Aires
2021 - Bethoven, C-Dur Messe und Schlusschor 9. Sinfonie
2022 - Brahms, Ein Deutsches Requiem
2023 - Donizetti, Requiem
2024 - Spohr, Die letzten Dinge

Anmeldung Chorwoche Zürcher Oberland 2025

Gabriela Gasser