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Seegräben
12.05.2024
12.05.2024 15:59 Uhr

Seegräbner Dorfladen feiert 20-jähriges Jubiläum

Der Dorfladen in Seegräben wird im Sinne eines Arbeitsintegrationsprojekts für Jugendliche und junge Erwachsene der Stiftung Netzwerk geführt.
Der Dorfladen in Seegräben wird im Sinne eines Arbeitsintegrationsprojekts für Jugendliche und junge Erwachsene der Stiftung Netzwerk geführt. Bild: Dorfladen Seegräben
Am 1. Juni feiert der Verein Dorfladen zusammen mit der Stiftung Netzwerk sein 20-jähriges Bestehen. Warum das Arbeitsintegrationsprojekt für das Überleben des Ladens entscheidend ist, erklärt die Bereichsleiterin Susan Wiget im Gespräch.

An der Usterstrasse 1 in Seegräben befindet sich seit 1885 ein Lebensmittelladen. Heute wird er von der Stiftung Netzwerk als Betrieb das Arbeitsintegrationsprojekts (AIP) geführt. Die Stiftung, vormals Wohnnetz des Vereins Gemeinnützige Gesellschaft des Bezirks Hinwil GGBH, mit Sitz in Rüti und Geschäftsstellen in Uster, Wetzikon, Winterthur und Zürich, unterstützt Menschen unterschiedlichen Alters in schwierigen Lebenssituationen.

Der Dorfladen bietet lokale Spezialitäten, Frischprodukte und Haushaltsartikel. Das saisonale Bio-Gemüse kommt direkt vom eigenen Gemüsebau in Seegräben. Bei Bedarf wird auch geliefert und im Bistro gibt's einen Take-away- und Catering-Service. Im neuen Ladenbistro mit Aussenterrasse geniesst man einen herrlichen Blick auf die Alpen.

Überall liest man vom «Lädeli-Sterben». Wie konnte der Seegräbner Dorfladen überleben?

Susan Wiget: Dank der grossen Solidarität der Bevölkerung. Seit 1885 befindet sich an unserem Standort ein Lebensmittelladen. Im Jahr 1929 ging das Haus in den Besitz der Familie Hagnauer über. Das ist bis heute so. Betrieben wurde er seither durch unterschiedliche Geschäftsführende. Als sich im 2003 die Landwirtschaftliche Genossenschaft aufgrund der tiefen Margen aus Seegräben zurückzog, wurde der Verein Dorfladen Seegräben gegründet. Sein Ziel: den Laden im Dorf zu erhalten.

Zu Beginn waren die Vorstandsmitglieder operativ stark eingebunden und gefordert. Unter anderem gründeten sie ein Arbeitsintegrationsprojekt, um arbeitslose Menschen aus der Gemeinde wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Es erwies sich allerdings für die Verkäuferinnen als herausfordernd, den sozialen Aufgaben gerecht zu werden. Auch die finanzielle Belastung nahm zu. Als die Stiftung Netzwerk beschloss, den Dorfladen ab März 2010 weiterzuführen, konnte der Vorstand aufatmen und in den Hintergrund treten.

«Ohne soziales Projekt als zweites Standbein lässt sich ein solch kleiner Dorfladen heute nicht mehr erhalten.»
Susan Wiget, Bereichsleiterin AIP

Welches Ziel verfolgt das Arbeitsintegrationsprojekt?

Jugendliche absolvieren bei uns im Laden eine Berufsvorbereitung oder eine begleitete Ausbildung im Detailhandel. Das Angebot, der Marktauftritt und das Preisniveau entsprechen dem ersten Arbeitsmarkt. In Kombination mit einer zielorientierten individuellen Förderung und einer engen Begleitung können die Jugendlichen so eine realitätsnahe Berufsbildung absolvieren. Das Ziel ist der schrittweise Übertritt in die Privatwirtschaft.

Welche Hintergründe haben die Jugendlichen, die bei euch arbeiten?

Es sind junge Erwachsene, die keinen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz finden und den Anforderungen im ersten Arbeitsmarkt noch nicht gewachsen sind. Ursache dafür können persönliche, familiäre, soziale, migrationsbedingte oder bildungsbezogene Defizite sein.

«Der Dorfladen ist ein Treffpunkt, wo man sich ungezwungen zu einem Schwatz treffen kann.»
Susan Wiget

Was sind die Herausforderungen für einen Laden des täglichen Bedarfs, wie ihr ihn führt?

Die tiefen Margen bleiben eine Herausforderung. Schlussendlich bleiben höchstens 20 Prozent des Ladenumsatzes, um Löhne, Mieten und Reparaturen zu bezahlen und Anschaffungen zu tätigen. Die lokale Bevölkerung trägt den Laden ideell und durch das Einkaufen im Dorf mit. Leider leistet die Gemeinde keinen Beitrag an den Betrieb des Ladens.

Ohne soziales Projekt als zweites Standbein lässt sich ein solch kleiner Dorfladen heute nicht mehr erhalten. Um das Überleben zu sichern, muss die Stiftung Netzwerk alleine Lösungen finden. Eine Massnahme war die Erweiterung des Ladens um einen kleinen Bistroteil diesen Frühling. Damit soll der Laden für Kunden attraktiver werden. Zudem ist die Gewinnmarge in der Gastronomie höher. Der Umbau wurde, wie die vorherigen Umbauten in den Jahren 2011 und 2015, mit Spendengeldern finanziert.

Wie ist das Feedback?

Viele Kunden finden den Umbau gelungen. Wir stellen die Grundversorgung sicher und ermöglichen auch älteren, nicht mehr mobilen Einwohnenden selbstständig einzukaufen. Der Dorfladen ist ein Treffpunkt, wo man sich ungezwungen zu einem Schwatz treffen kann – jetzt auch gemütlich sitzend im Bistro. Für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist es ein weiteres Lernfeld, indem sie nun Gäste bedienen können.

  • Der Dorfladen arbeitet mit Jugendlichen, die sich im Betrieb auf das Berufsleben vorbereiten. Bild: Dorfladen Seegräben
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  • Im Frühling 2024 wurde der Laden um ein Ladenbistro mit Aussenterrasse erweitert. Bild: Dorfladen Seegräben
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Dorfladen Seegräben
Usterstrasse 1, Aathal-Seegräben
Mo–Fr: 8–18.30 Uhr
Sa: 8–16 Uhr

www.dorfladen-seegraeben.ch | www.netz-werk.ch

Nathalie Meyer