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Grüningen
11.03.2024
13.03.2024 08:43 Uhr

Ein Gerichtshaus voller Schätze

Urs Schmid hat in der historischen Gerichtsstube auch Kunstschaffenden Raum gegeben.
Urs Schmid hat in der historischen Gerichtsstube auch Kunstschaffenden Raum gegeben. Bild: Martina Gradmann
Der Grüninger Urs Schmid wohnt seit 47 Jahren im historischen Gerichtshaus. Er hat dort immer wieder Gäste zum Essen geladen, die Gerichtsstube für Konzerte zur Verfügung gestellt und unzählige Bilder von Grüninger Künstlerinnen und Künstlern gesammelt. Diese will er nun weitergeben.

Es war Ende der 70er Jahre, als Urs Schmid auf der Rückreise von Marokko im Flugzeug das Inserat in der Zeitung las: Für ein 7-Zimmer Haus in Grüningen wurde ein Mieter gesucht. «Wir wohnten damals in Mönchaltorf und kannten Grüningen und sein historisches Stedtli», erzählt Schmid. Es sei dann der damalige Gemeindeschreiber Emil Gehrig gewesen, der ihnen das historische Haus zeigte und die damit verbundenen Verpflichtungen erklärte. 1977 zogen Schmid, seine Frau, deren Schwester und ihr Mann in das Gerichtshaus ein. Schmid wohnt noch heute da.

Führungen durch die Stube

Eine Bedingung für die neuen Bewohnerinnen und Bewohner war, dass die historische Gerichtsstube auf Anfrage bei einer Führung gezeigt werden konnte, für die Wohngemeinschaft kein Problem. «Nach einem Jahr gingen meine Schwägerin und ihr Mann auf eine zweijährige Weltreise und zogen danach aus, da sie andere Pläne hatten», erzählt Schmid. Von da an hatten die Schmids die grosszügige Wohnung für sich alleine.

Die eindrückliche historische Stube mit Blick auf Grüningen und die Berge ist auch heute noch ein Bijou und zeugt von längst vergangenen Zeiten. Genutzt wurde sie auch immer wieder für Konzerte und Einladungen. Anders als früher, schmücken heute grossformatige Bilder die Wände, gemalt fast ausschliesslich von Grüninger Künstlerinnen und Künstlern.

Kunstwerke auch im Vorraum zur Gerichtsstube. Bild: Martina Gradmann

Ein Auge für das Schöne

Schmid ist Fotograf, hat die Kunstgewerbeschule absolviert und nach seiner Lehre beim Modefotografen Tom Kübli gearbeitet, der damals Ateliers in Zürich und Paris hatte. Später begann er mit Laborarbeiten für Berufsfotografen und eröffnete schliesslich sein mit dem PPL (Photo Professional Labor) erstes, professionelles Labor. «Wir arbeiteten vor allem mit Dias und das anfangs mit fünf Mitarbeitenden. Je weiter die Digitalisierung der Fotografie voranschritt, umso weniger Angestellte konnte ich beschäftigen. Am Schluss war ich noch alleine.»

Schmid wandte sich wieder dem Fotografieren zu, eröffnete sein eigenes Fotostudio in Fällanden und spezialisierte sich auf das Fotografieren von Autos, vor allem Oldtimer, was er heute noch macht. Begeistert hat ihn über all die Jahre nicht nur die Fotografie, sondern die schönen Dinge im Allgemeinen, wie Möbel oder Kunst in Form von Bildern.

  • Auch im Treppenhaus hängen grossformatige Werke. Bild: Martina Gradmann
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  • Werke vom Grüninger Künstler Fredi Bühler. Bild: Martina Gradmann
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  • Bilder von Bruno Leber erinnern an Impressionisten. Bild: Martina Gradmann
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Rotingen, Grüningen und Blauingen

«In 47 Jahren hat sich viel angesammelt», lacht Schmid und zeigt die unterschiedlichen Bilder, die auf drei Etagen verteilt sind. Darunter sind viele grossformatige Werke, die meisten davon von Grüninger Kunstschaffenden, wie Bruno Leber, Fredi Bühler, Peter und Rita Andermatt und Stefanie Anrig. Die Trilogie Rotingen, Grüningen und Blauingen zeigt beispielsweise das Städtchen in drei unterschiedlichen Farbtönen, Rita Andermatt setzt schöne Farbakzente und Bruno Lebers Bilder erinnern an Impressionisten.

Seit Schmids Frau 2010 verstorben ist, wohnt er alleine im Gerichtshaus und will jetzt mit 73 Jahren in eine Alterswohnung umziehen. «Es wird mit dem vielen Treppensteigen nicht einfacher im Alter», sagt er. «Ich möchte, dass vor allem die Werke der Grüninger Künstlerinnen und Künstler in Grüningen bleiben, das wäre ein Herzenswunsch.»

Interessierte dürfen sich per Mail urs.schmid@zumbrunnstudio.ch oder unter 079 419 32 42 melden. 

Rotingen, Grüningen und Blauingen vom Künstler Bruno Leber. Bild: Martina Gradmann

Das Gerichtshaus Grüningen

Gegenüber vom Restaurant Hirschen steht ein hohes Steinhaus. Es ist das ehemalige Gerichtshaus, das eine reiche Baugeschichte aufweist. So stand dort ursprünglich von 1363 bis 1590 der Turm Aspermont. Darauf aufgebaut wurde das Gerichtshaus der Landvogtei und das Oberamtes, wo von 1613 bis 1831 das «Niedere Gericht» tagte.

Von 1619 bis 1856 wurde im Gerichtshaus nicht nur Recht gesprochen, es war jetzt auch die Taverne zum Löwen, wo nach den Wochengerichten, Rechtstagen oder Konkurshändel ordentlich gebechert wurde.

In Folge des liberalen Umschwungs und der Bildung des Kantons Zürich wurde Hinwil der neue Sitz des Bezirksgerichts und bedeutete das Ende des Gerichtshauses.

Von 1839 bis 1842 beherbergte das Haus die Sekundarschule Grüningen Gossau und von 1844 bis 1861 das Postbüro. Nach verschiedenen Besitzerwechseln, erwarb die Heimatschutzgesellschaft Grüningen 1966 das Haus und renovierte es sorgfältig und umfassend.

Quelle: Heimatschutzgesellschaft Grüningen

Martina Gradmann