Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Grüningen
11.02.2024

Was ist ein Wald?

Dr. Frank Krumm zeigte eindrücklich, wie sich der Wald in der Schweiz verändert.
Dr. Frank Krumm zeigte eindrücklich, wie sich der Wald in der Schweiz verändert. Bild: Martina Gradmann
Am 7. Februar erläuterten in Grüningen zwei Experten der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL die Bedeutung von Walddiversität und die vielfältigen Funktionen von Waldböden.

«Sie alle haben sicher schöne Erinnerungen an den Wald, vor allem aus der Kindheit», begrüsste die ehemalige Gemeindepräsidentin Susanna Jenny die Anwesenden zum Vortrag «Was ist ein Wald?». Eingeladen hatten die IG Tägernauerholz DepoNie, die Gemeinden Grüningen und Gossau sowie die Naturschutzvereine Grüningen und Gossau, um mehr über den Wald und dessen Beschaffenheit zu erfahren.

Mehr als eine Ansammlung von Bäumen

Heute sei der Wald nicht mehr ganz so toll, er leide unter vielen Faktoren und dies nehme vor allem dort zu, wo er nicht bewirtschaftet werden könne, so Jenny weiter. Doch ein Wald sei mehr als nur eine Ansammlung von Bäumen, was den Zuhörenden die beiden Referenten Dr. Frank Krumm und Jörg Luster von der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL den Anwesenden näher bringen würden.

«Mit dem Wald verbinden wir alle schöne Kindheitserinnerungen», sagte die ehemalige Gemeindepräsidentin Susanna Jenny. Bild: Martina Gradmann

Böden sind ein kostbares Gut

Er beschäftige sich mit Waldböden und Biochemie an der ETH, stellte sich Dr. Jörg Luster vor und dürfe heute über ein Thema reden, das ihm sehr am Herzen liege.

Luster zeigte auf, wie Böden entstehen und dass man graben müsse, um Böden zu verstehen. Durch die Forschung am Dammgletscher, der sich seit 1850 zurückzieht, zeigte er eindrücklich auf, wie sich aus dem Gestein durch Mikroorganismen, Pflanzen und Tiere neue Böden entwickelten.

«Die Böden in der Schweiz sind rund 10'000 Jahre alt, keine erneuerbare Ressource und deshalb ein wertvolles Gut», so Luster.

Waldböden seien gute Wasserspeicher, bedinge jedoch, dass Bäume und Böden gut zusammen passten. Durch die Wurzeln würden Poren gebildet, welche als Filter für Trinkwasser funktionierten, wie man beispielsweise bei einer Trinkwasseraufbereitung in Basel sehen könne.

Auch für den Hochwasserschutz sei die Wasserspeicherung der Waldböden wichtig. Zudem seien Waldböden der grösste Kohlestoffspeicher der Schweiz.

«Böden sind eine nicht erneuerbare Ressource», sagte der Bodenexperte Dr. Jörg Luster. Bild: Martina Gradmann

Gefährdete Wälder und Böden

Trockenheit und Belastungen, welche zur Verdichtung führten, gefährden die Böden, so Luster. Es brauche deshalb auch bodenschonende Massnahmen bei der Holzbewirtschaftung. Denn nicht umsonst sei der Boden des Jahres 2024 der Waldboden.

Wald gefährdet

Auch Dr. Frank Krumm machte deutlich, dass der Wald gefährdet sei, auch wenn das Waldgesetz von 1976 schon vieles geregelt habe. «Das, was per Gesetz als Wald festgeschrieben ist, muss Wald bleiben. Es dürfen also keine Kahlschläge wie in früheren Jahren geschehen, sondern es muss wieder aufgeforstet werden.»

Krumm ist nicht nur Experte am WSL, er ist auch Landwirt, pflegt seinen eigenen Wald und brennt dazu noch Schnaps. Trockenheit und der Borkenkäfer setzten dem Wald zu. Im Unterland sei beispielsweise die Fichte bereits verloren, so Krumm.

Der Experte zeigte eindrückliche Bilder, erklärte, wie sich die Waldgrenze verschiebe und dass es künftig mehr Laubbäume im Wald geben werde. «Der Wald wird nicht sterben, aber er verändert sich.»

Darf man Wald opfern?

Auch wenn die geplante Deponie im Tägernauerholz nicht zur Sprache kam, hatten die Anwesenden doch einige Fragen. So wollte beispielsweise der grüne Wetziker Kantonsrat Benjamin Walder wissen, ob Luster auch erhoben habe, wie sich die Bodenqualität auf aufgeschütteten Deponien entwickelt habe. Luster konnte dazu allerdings keine Angaben machen.

Auch beschäftigte einige, was mit dem Wald passiere, wenn darin eine grosse Fläche gerodet werde. «Wenn Bäume, die bis anhin von anderen beschattet waren, plötzlich der Sonne ausgesetzt sind, ist das für sie erst einmal ein Schock und es braucht lange, bis sich Wälder daran gewöhnt haben», sagte Krumm. Ein Wald brauche eine Durchmischung von verschiedenen Bäumen, was man bei einer Wiederaufforstung unbedingt berücksichtigen müsse.

Wertvoller Wald

In ihrem gesamten Lebenszyklus vom Keimling bis zum Brennholz senken Bäume den CO2-Ausstoss durch

Sequestrierung: Durch Fotosynthese wandeln Bäume C02 aus der Luft in Kohlenstoff um und binden diese als Biomasse.

Speicherung: Im Wald sowie auch nach der Ernte der Bäume und Nutzung als Holz für Möbel und Bretter bleibt der Kohlenstoff jahrzehntelang gespeichert.

Substitution: Wenn Holz energieintensive Baumaterialien oder fossile Brennstoffe ersetzt, senkt das die CO2-Emmissionen. 

64 Bäume gibt es pro EinwohnerIn in der Schweiz (mitgezählt sind Exemplare ab einem Stammumfang von 12 cm)

25'000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten sind vom Wald abhängig. Das sind 40 % der erfassten Arten in der Schweiz.

1500 Jahre alt sind die ältesten Bäume der Schweiz, eine Gruppe von Eiben. 61 Meter hoch ist der grösste Baum der Schweiz, eine Douglasie.

Quelle: Bundesamt für Umwelt BAFU "Die Umwelt"

Martina Gradmann