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Grüningen
17.09.2023

«Pilze sind vielleicht die Rettung der Menschheit»

Alois «Wisi» Iten ist leidenschaftlicher Pilzsammler und diplomierter Pilzkontrolleur.
Alois «Wisi» Iten ist leidenschaftlicher Pilzsammler und diplomierter Pilzkontrolleur. Bild: zvg
Alois «Wisi» Iten weiss fast alles über Pilze, unterscheidet als diplomierter Pilzkontrolleur die essbaren von den giftigen und gibt Auskunft über gesammelte Pilze. Als passionierter Fotograf weiss er zudem die faszinierenden Gebilde auch richtig in Szene zu setzen.

Er wohnt seit 29 Jahren in Grüningen, war Präsident der Schulpflege, Präsident der Mediothek-Kommission und hat sich als Mitglied der Grünen Partei immer wieder für den Umweltschutz engagiert. Seit seiner Pensionierung hat Wisi Zeit für ein Hobby, das ihn seit seiner Kindheit fasziniert. «Pilze haben mich schon als Bub interessiert», erzählt er.

Faszinierende Fotomotive

Nachdem er während seiner beruflichen Tätigkeit als Sozialpädagoge kaum Zeit für die Pilze hatte, begann er im Hinblick auf seine Pensionierung diese zu fotografieren, um sie zu bestimmen. «Es sind faszinierende Gebilde, doch weil die meisten Bestimmungs-Apps noch nicht viel taugen, begann ich mich über Bücher und
das Internet zu informieren und tauschte mich auch in FacebookGruppen aus.» Auf seinen Streifzügen durch die Wälder habe er sogar schon einen Pilz gefunden, der in der Schweiz noch nie dokumentiert wurde.

Wisi wollte mehr wissen und wurde Mitglied in zwei Zürioberländer Pilzvereinen. Bei der Mitgliedschaft ist es aber nicht geblieben. Wisi absolvierte die Pilzkontrolleuren-Prüfung und ist heute Pilzkontrolleur in Egg. «Ich wollte eigentlich nie Pilze kontrollieren, habe so aber mein Fachwissen enorm steigern können.»

Kontrollieren lassen!

Iten rät allen Pilzsammlerinnen und Pilzsammlern, ihre Ausbeute kontrollieren zu lassen, weil sich geniessbare und ungeniessbare Pilze oft ähneln. «Wir Pilzkontrolleure sind sehr zurückhaltend und geben beim leisesten Zweifel keine Pilze frei. Manche sind dann enttäuscht. Doch wir wollen ja nicht, dass jemand vergiftet wird.» Auch würden ihm häufig Speisepilze vorgelegt, bei denen die Gefahr einer unechten Pilzvergiftung besteht, da sie zu alt sind. Pilze seien eben schnell verderbliche und schwer verdauliche Gebilde, die eine genügend lange Kochzeit benötigen. Seine selbst gesammelten Pilze geniesst Wisi frisch, jedoch gegart, trocknet sie oder verschenkt sie auch ab und zu.

Pilze haben immer Saison

Die typische Pilzsaison gibt es für den passionierten Sammler nicht, denn Pilze und sogar Speisepilze finde man das ganze Jahr über. So hätten beispielsweise das Judasohr, der Samtfussrübling oder der Austernseitling, die man vor allem
im Winterhalbjahr finde, eine Art Frostschutz. Auf seinen Spaziergängen in Grüningen findet Wisi viele Pilze, darunter auch Steinpilze, Judasohren, Eierschwämme und Champignons. Wo genau, verrät er, wie jeder Pilzsammler,
natürlich nicht.

Drei Pilzgruppen

Man unterscheidet drei Gruppen von Pilzen: die Mykorrhiza-Pilze, die eine Symbiose mit Pflanzen und Bäumen bilden, diese mit Nährstoffen versorgen und ihrerseits einen Teil der durch die Photosynthese erzeugten Assimilate wie Zucker erhalten. Diese Pilzarten helfen dem Boden und dem Baum. Die Saprobionten-Pilze sorgen für einen geschlossenen Stoffkreislauf in einem Ökosystem. Sie schliessen das anfallende organische Material auf und nutzen die organischen Moleküle für ihren eigenen Energie- und Baustoffwechsel. Die Parasitenpilze habe man nicht so gerne, weil sie von einem «Wirt» schmarotzten, ohne etwas zurückzugeben. Ein Beispiel sei der Hallimaschpilz, der als Holzschädling gelte und der grösste Pilz überhaupt sei. Eine andere Kategorie seien die Schleimpilze, die näher am Tierreich seien, weil sie sich bewegen können.

Viel mehr als ein Lebensmittel

Pilze seien so viel mehr, schwärmt Wisi. «Was wir von den Pilzen sehen, ist nur der Fruchtkörper. Darunter verbirgt sich ein riesiges Geflecht.» Aus dem Zunderschwamm beispielsweise könne man einen Lederersatz machen, Baustoffe würden aus Pilzen gemacht und auch Fungizide basierten auf anderen Pilzen. Auch gebe es Pilze, die Schadstoffe und sogar Plastik abbauen können. «Ohne Pilze gäbe es keine Menschheit und vielleicht ist der Pilz ja die Rettung der Menschheit.»

Martina Gradmann, Redaktion Grüninger Post