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Natur & Umwelt
27.03.2023
27.03.2023 15:33 Uhr

Organisation fordert Kastrations-Pflicht bei Katzen

Die Organisation NetAP hat die 200'000. Katze kastriert. Im Bild: Drei Streunerkatzen aus dem Kanton Basel-Land.
Die Organisation NetAP hat die 200'000. Katze kastriert. Im Bild: Drei Streunerkatzen aus dem Kanton Basel-Land. Bild: zvg
Jedes Jahr werden weltweit Millionen Katzen- und Hundewelpen getötet, weil sie unerwünscht sind. Die Tiere werden vergiftet, erschlagen, ertränkt, erschossen oder erstickt. In der Schweiz sind es vor allem Katzen, die sich unkontrolliert vermehren. Kürzlich hat NetAP – Network for Animal Protection – die 200'000. Katze in der Schweiz sterilisiert.

Woody, Winnie und Wilma – drei Streunerkatzen aus dem Kanton Basel-Land sind ganz besondere Büsis. Woody war Patient Nr. 199'998, Winnie Nr. 199'999 und Wilma schliesslich die 200'000ste Patientin, die das NetAP-Kastrationsprogramm durchlaufen haben.

Hunde- und Katzenelend ist weltweit riesig

Jedes Jahr werden laut dem Netzwerk für Tierschutz NetAP weltweit Millionen Katzen- und Hundewelpen getötet, weil sie unerwünscht sind. Die Tiere werden vergiftet, erschlagen, ertränkt, erschossen oder erstickt. Der Mensch sei sehr erfinderisch, wenn es darum gehe, den unerwünschten Nachwuchs loszuwerden. Schaffen es die Tiere, diesem Schicksal zu entgehen, fristen sie oft ein Dasein, welches von Hunger und Krankheit geprägt ist, werden misshandelt oder fallen dem Verkehr zum Opfer, so NetAP. Populationskontrolle sei nötig.

Rasante Vermehrung

Die Tiere vermehren sich bis zu dreimal im Jahr, so NetAP weiter. Aus einem Tierpaar könne mathematisch gesehen nach wenigen Jahren mehrere Millionen Tiere werden. Kastrationen seien das einzige Mittel, diesen Kreislauf des Elends zu durchbrechen und das Tierleid proaktiv und auf humane Weise zu verhindern.

«NetAP hat mittlerweile in tiermedizinischen Fragen im Tierschutz eine Vorreiterrolle und Vorbildfunktion übernommen und berät im In- und Ausland Organisationen in Bezug auf den Aufbau von nachhaltigen Kastrationsprogrammen.»
Tierarzt Dr. Enrico Clavadetscher, Vorstandsmitglied von NetAP

Etablierte Kastrations-Programme

Aus diesem Grund führt NetAP seit der Gründung im Jahr 2008 laufend Kastrationseinsätze durch und etablierte in zahlreichen Ländern umfassende Kastrationsprogramme. Moderne Fangmethoden und schonende Operationstechniken seien ebenso selbstverständlich wie strenge Vorschriften in Bezug auf Hygiene, Schmerzmanagement, prä- und postoperative Betreuung, Gründlichkeit bei den Untersuchungen und Einsatz bester Ausrüstung und von qualitativ gutem Verbrauchsmaterial.

«NetAP hat mittlerweile in tiermedizinischen Fragen im Tierschutz eine Vorreiterrolle und Vorbildfunktion übernommen und berät im In- und Ausland Organisationen in Bezug auf den Aufbau von nachhaltigen Kastrationsprogrammen.» erklärt Tierarzt Dr. Enrico Clavadetscher, Vorstandsmitglied der Organisation.

Nicht mit dem Finger ins Ausland zeigen

NetAP arbeitet in vielen Ländern Europas und in Übersee. Aber mit dem Finger ins Ausland zeigen, um dort miserable Zustände anzuprangern, sei nicht das Ziel der Organisation. NetAP wolle als Vorbild überzeugen und sei deshalb insbesondere auch in der Schweiz 365 Tage im Jahr im Einsatz, um das Katzenelend im eigenen Land einzudämmen.

«Denn auch hierzulande leiden die beliebten Haustiere, was oft gerne verdrängt wird», schreibt NetAP in seiner Mitteilung. In Schrebergärten, auf Fabrikarealen, Höfen, Industriegeländen und an vielen weiteren Orten bilden sich Kolonien von unkastrierten Katzen, deren Leben ohne menschliche Hilfe oft von Hunger und Krankheiten geprägt ist und die sich überdies auch noch laufend weiter vermehren.

«Auch hierzulande leiden die beliebten Haustiere, was oft gerne verdrängt wird.»
NetAP

Kastrationspflicht als einfache Lösung

Als einzige Schweizer Organisation, die überregional herrenlose und verwilderte Katzen selbst einfängt und kastrieren lässt, erscheine diese Arbeit oft wie ein Kampf gegen Windmühlen. «Eine landesweite Kastrationspflicht ist längst überfällig», sagt Esther Geisser, Präsidentin und Gründerin von NetAP. «Leider sind die Politiker blind und taub für das grosse Elend im eigenen Land, welches verantwortungslose und gleichgültige Tierhalter anrichten», bemängelt sie.

Leider würden gerne falsche Argumente ins Feld geführt, wie beispielsweise die Ausrede, eine solche Pflicht würde zu viel kosten. Eine Kastrationspflicht würde jedoch direkt und nur den Verursacher treffen, und nicht etwa den Staat oder den Steuerzahlenden in die Pflicht nehmen, so NetAP. «Jede verwilderte oder herrenlose Katze hat ihren Ursprung bei einem Halter, der nicht kastrieren wollte», hält Geisser fest. Diese Halter würden ständig für Nachschub sorgen, egal wie viele Tiere die Tierschützer noch kastrierten.

1.85 Millionen Katzen in der Schweiz

Gemäss Verband für Heimtiernahrung lebten 2022 über 1.85 Millionen Katzen in Schweizer Haushalten. Das sind fast 350'000 mehr als noch 2012. Hinzu kommen all die herrenlosen Tiere. «Dass ein Land, das sich gerne für sein gutes Tierschutzgesetz rühmt, hier nicht endlich handelt, ist nicht verständlich», kritisiert NetAP. Den in der Tierschutzverordnung stehe klar: «Die Tierhalterin oder der Tierhalter muss die zumutbaren Massnahmen treffen, um zu verhindern, dass sich die Tiere übermässig vermehren».

Allerdings würden die meisten Behörden den entsprechenden Vollzug scheuen und stattdessen einfach wegschauen. Deshalb wäre die Einführung einer Kastrationspflicht die passende Massnahme: «Sie würde Klarheit schaffen, die Verwaltung entlasten und die Tiere schützen.»

Katzen vermehren sich auch in der Schweiz sehr schnell. Bild: zvg

Nachhaltigkeit ist gefragt

Für einen nachhaltigen Effekt müssten systematisch sämtliche Katzen einer Kolonie auf Bauernhöfen, Schrebergärten etc. eingefangen und kastriert werden. «Dies erfordert sehr viel Durchhaltevermögen», hält Geisser fest. Nur wenn sämtliche Katzen einer Gruppe kastriert sind und auch Neuzugänge umgehend dem gleichen Prozedere unterzogen werden, würde zumindest dort der Kreislauf des Elends durchbrochen. Ansonsten sähe es in ein bis zwei Jahren wieder gleich aus, wie vor der Kastrationsaktion.

Geisser appelliert deshalb auch an die anderen Tierschutzorganisationen, nachhaltiger zu arbeiten. «Will zum Beispiel ein Landwirt ein oder zwei Weibchen nicht kastrieren lassen, weil er weiteren Nachwuchs wünscht, sollte er gar keine Kastrationsbeteiligung erhalten», fordert sie.

Zürioberland24