Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Region
15.03.2023
17.03.2023 10:33 Uhr

Deponie Tägernauerholz: «Wir kämpfen um jeden Baum»

Die Gemeinden Gossau und Grüningen wehren sich dagegen, dass ein intakter Wald mit einer Grösse von 14 Fussballfeldern gerodet wird.
Die Gemeinden Gossau und Grüningen wehren sich dagegen, dass ein intakter Wald mit einer Grösse von 14 Fussballfeldern gerodet wird. Bild: AdobeStock
Das Ringen um die Deponie Tägernauerholz geht in die entscheidende Phase. Susanna Jenny, Mitglied des Komitees DeponNIE, nimmt Regierungsrat Martin Neukom in die Pflicht.

Die ZAV Recycling AG drückt aufs Gaspedal. Das Abfallentsorgungsunternehmen strebt nach Gewinn und forciert den Gestaltungsplan der geplanten Schlacke-Deponie Tägernauerholz auf dem Gemeindegebiet Gossau/Grüningen. Es will dafür sorgen, dass so schnell wie möglich die Holzfäller und Bagger auffahren.

7000 Bäume bedroht

Für eine Abfalldeponie von 750‘000 m3 auf einer Fläche von 14 Fussballfeldern sollen 7000 gesunde Bäume gefällt werden. Pikantes Detail: Einer der Schlüsselspieler im Bewilligungsverfahren ist der Zürcher Regierungsrat und Baudirektor Martin Neukom. Er politisiert im Schosse der grünen Partei, aber blendet ausgerechnet im Tägernauerholz seine politischen Grundwerte aus.

Eine völlig neue Ausgangslage

Dies kommt bei Susanna Jenny nicht gut an. Die frühere Gemeindepräsidentin von Grüningen kämpft seit Jahren darum, die Deponie zu verhindern. Und je länger der Kampf dauert, desto sicherer ist sie, auf der richtigen Seite zu stehen: «Als das Projekt Anfang der 2000er Jahre in Angriff genommen wurde, hatten wir noch ganz andere Abfallzahlen und Schlacke-Mengen aus der Kehrichtverbrennung.»

Ringen um Rentabilität

Damit die Kehrichtverbrennungsanlagen im Kanton weiterhin rentabel verbrennen, muss eine beachtliche Menge Abfall aus der ganzen Schweiz zugeführt werden, wobei die Schlacke zu einem grossen Teil im Kanton Zürich deponiert bleibt. Seit Recycling und Entsorgung tief im Bewusstsein der Schweizer Bevölkerung verankert sind, haben wir zu wenig Abfall, um diese reine Walddeponie zu rechtfertigen.»

Selbst Grüne wollen abholzen

Frustriert meint sie: «Wenn sich auf kantonaler Ebene nicht einmal mehr Grüne-Politiker für den Erhalt des Waldes stark machen, stimmt etwas nicht.» Dabei hatte das Bundesgericht dem Kanton Zürich vor Jahresfrist noch eine deutliche Lektion erteilt und die geplante Richtplanfestsetzung mit einem doppelten Volumen (1,5 Millionen Kubikmeter) abgewiesen.

Doch die für den Bau zuständige Hinwiler ZAV Recycling AG plant unbeirrt weiter. In den kommenden Wochen soll der Gestaltungsplan für die halb so grosse Deponie eingereicht werden. Im Vordergrund stehen wirtschaftliche Interessen. Das Geschäft mit Abfall floriert. Für das Geschäftsjahr 2021 wies die ZAV Recycling AG einen Gewinn von 3,4 Millionen Franken aus – Tendenz steigend.

Susanna Jenny (ganz rechts) und ihre Kolleg:innen wollen alles tun, um den Wald zu erhalten. Bild: depo-nie.com

Verzögern und verhindern

In einem Gestaltungsplanverfahren sind die verfügbaren Rechtsmittel, die ergriffen werden können, sehr beschränkt. Trotzdem soll jede Möglichkeit ergriffen werden. «Ziel ist und bleibt es für uns, diese Walddeponie zu verhindern. Auf jeden Fall wollen wir das Projekt solange wie möglich verzögern», sagt die Politikerin.

Jennys Hoffnungen liegen in Bern. Denn die Rodung der 7000 Bäume wird vom Bund nur bewilligt, «wenn die Anlage zwingend auf diesen Standort im Wald angewiesen ist». Dies ist bei der Deponie Tägernauerholz kaum gegeben. Oder mit anderen Worten: Die Zukunft der Grüninger Bäume dürfte in Bern entschieden werden.

Thomas Renggli