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Dürnten
04.02.2023
04.02.2023 18:53 Uhr

«Der Notvorrat ist bei mir im Stall»

Podium von links: Daniel Wäfler (SVP), Ernst Stocker (SVP), Mario Fehr (parteilos) und Andrea Gisler (GLP).
Podium von links: Daniel Wäfler (SVP), Ernst Stocker (SVP), Mario Fehr (parteilos) und Andrea Gisler (GLP). Bild: Martina Gradmann
Am 2. Februar stellten sich die amtierenden Regierungsräte Mario Fehr (parteilos) und Ernst Stocker (SVP) im Garten-Center Meier in Dürnten dem Kreuzverhör durch die Kantonsräte Andrea Gisler (GLP) und Daniel Wäfler (SVP).

Ja, er sei gern hier, weil es das letzte Kreuzverhör vor den Wahlen sei, sagte Regierungsrat Ernst Stocker (SVP) am gestrigen Podium im Garten-Center Dürnten. Die zwei amtierenden Regierungsräte, Ernst Stocker und Mario Fehr (parteilos) stellten sich den Fragen der Kantonsräte Andrea Gisler (GLP) und Daniel Wäfler (SVP).

Die ersten Fragen zu persönlichen Gewohnheiten, Vorlieben und Kenntnissen über das Zürcher Oberland plätscherten dahin und wurden von den beiden Regierungsräten mit Witz und Augenzwinkern beantwortet. Während Fehr in seinem Notvorrat auch Schokolade hat, befindet sich Stockers Notvorrat im eigenen Stall. Und während Stocker als sparsamer Finanzdirektor sowieso kein Geld für Unnötiges ausgibt, ist Fehr froh, wenn er kein Geld für politische Werbung ausgeben muss.

Zwei politische Urgesteine

Als es um politische Themen ging, wurden die beiden ernster, liessen sich aber kaum aus der Ruhe bringen.

Auf die Frage von Gisler, ob er in der richtigen Partei sei, antwortet Stocker: «Auch wenn ich nicht der Scharfmacher bin, fühle ich mich wohl in meiner Partei. Ich bin unabhängig und nicht immer mit allem einverstanden. Doch am Schluss entscheidet das Volk und ich finde, wir machen es nicht schlecht.» Es sei auch nicht so, dass er ständig von Christoph Blocher angerufen werde. Das sei in seiner Amtszeit genau einmal passiert, als es um die Zwischennutzung des Hotels Atlantis für Studenten ging.

Fehr, der vor zwei Jahren aus der Sozialdemokratischen Partei ausgetreten ist, findet, dass er sich eigentlich auch als Parteiloser wohl fühle. «Wenn es mit der Wiederwahl nicht klappen sollte, dann gehe ich auf Weltreise.» Auch wenn er nicht mehr in der Partei sei, vertrete er noch viele ihrer Werte. Früher sei die SP breiter aufgestellt gewesen, die heutige Verengung mache ihm Mühe. «Jetzt muss sich die SP wenigstens nicht mehr für mich schämen», sagt er mit seinem bekannten verschmitzten Lächeln.

Finanzen und Sicherheit

Die Hauptthemen, welche die beiden Regierungsräte stark beschäftigen, sind gemäss ihren Ressorts die Finanzen und die Sicherheit. Kopfzerbrechen macht Stocker aber auch das Bevölkerungswachstum und die damit verbundene Wohnungsnot und den Ausbau der Infrastrukturen. «Wie bewältigen wir das?», fragte er in die Runde. Und wenn man von Nachhaltigkeit rede, gelte das für ihn auch bei den Finanzen. Nur wenn der Haushalt in Ordnung sei, habe man auch Vertrauen.

Der Kanton Zürich erwirtschafte ein Viertel der Schweizer Wirtschaftsleistung und sei wie ein Tanker, den man so steuern müsse, dass er keine Schlagseite bekomme. Noch bereite ihm die künftig fehlende Ausschüttung der Nationalbank keine Bauchschmerzen, Sorge bereiten ihm aber die immer stärker defizitären Spitäler. «Wir müssen auf Kurs bleiben.»

Von Wäfler auf die Sicherheit angesprochen, meinte Fehr: «Wir leben an einem sicheren Ort, auch dank einer vernünftigen Polizeiarbeit.» Im Vergleich zu Ländern wie Deutschland und Frankreich stehe die Schweiz immer noch sehr gut da, allerdings müsse man wachsam bleiben und habe das Augenmerk vermehrt auf junge Männer, vor allem rund um den Hauptbahnhof. «Es ist eine Tatsache: Männer machen mehr Probleme als Frauen.»

Der Kanton Zürich verfüge über ein gut ausgerüstetes Polizeikorps, die Kriminalität sei massiv tiefer als in anderen Länden, was Fehr auch mit einer guten Volksschule und einer guten Berufsbildung begründete. 

Toiletten und Flüchtlinge

Weitere Fragen zu Windrädern und Feuchtgebieten beantworteten die beiden Regierungsvertreter mit gekonnter Diplomatie.
Aus dem Publikum kamen noch Fragen zur LGBT Community, die künftige Ausgestaltung der öffentlichen Toiletten und zu Flüchtlingsunterkünften in den Gemeinden. Erst kürzlich musste im Kantonsrat eine Anfrage zu gender-neutralen Toiletten behandelt werden, zu der Fehr eine deutliche Haltung hat: «Ich möchte keine Einheitstoiletten und bin überzeugt, dass diese auch nicht dem Sicherheitsbedürfnis vieler Frauen entsprechen.»

Die Frage von Kantonsrätin und Gossauer Gemeinderätin Elisabeth Pflugshaupt (SVP), wie viele Flüchtlinge künftig in den Gemeinden verteilt werden, konnte Fehr nicht mit Zahlen beantworten, das hänge stark von der künftigen Entwicklung im Ukraine-Krieg zusammen.

Was Stocker von den Toiletten hält, machte auch er deutlich: «Was sind wir für ein glückliches Land, wenn wir keine anderen Probleme haben.» In die Regierungsratswahlen gehen die beiden mit guten Chancen. Während man den einen wählen solle, weil er wisse, wie es gehe, brauche es den anderen, weil Stocker ohne ihn nicht wüsste, was er im Regierungsrat machen sollte.

Martina Gradmann