Die ideologischen Fronten scheinen so klar wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, zumindest in der westlichen Hemisphäre. Für viele Beobachter und Politiker verteidigt die Ukraine im Donbass nicht einfach ihr Territorium und ihre Unabhängigkeit, sondern «die Demokratie» und die westlichen Werte.
Täubchen wurden über Nacht zu Falken
Gleichzeitig findet eine sensationelle Wende statt: Pazifistische Täubchen wurden über Nacht zu Falken. Nehmen wir nur die deutsche Bundesregierung um SPD-Kanzler Olaf Scholz. Sie prügelt verbal auf die Schweiz ein, weil sie als neutraler Staat keine Munition in das Kriegsgebiet liefert – neutralitätsrechtlich nicht liefern darf.
Aus dem Lichterketten- und Ostermarsch-Deutschland der Nachkriegszeit ist eine Aufrüstungsmaschine geworden. Der Moraltrompeter von Säckingen bläst heute den militärischen Radetzkymarsch.
Verkürzen oder verlängern Panzer den Krieg?
In der Logik der Neo-Falken bringen die Waffen automatisch den Frieden. Exemplarisch für diesen Glauben steht dieser Titel der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 5. Januar 2023: «Der Panzer, der den Krieg verkürzen könnte.» Mag sein. Genauso plausibel wäre allerdings die gegenteilige Schlagzeile: «Der Panzer, der den Krieg verlängern könnte.»