Es ist ein berührender Anblick: Gertrud Müller sitzt gebückt an einem Tisch im Gewölbekeller des Amtshaus Rüti und begrüsst eine Besucherin. Als sie sich mit der jungen Frau in ein lebhaftes Gespräch über die Herausforderungen der Malerei vertieft, blüht sie förmlich auf. Dabei wirkt die Malerin plötzlich um etliche Jahre jünger.
Die Bilder, welche die Malerin hier aus ihrem umfangreichen Fundus versammelt hat, beeindrucken nicht nur durch ihre künstlerische Qualität. Auch die Vielfalt der angewandten Techniken ist verblüffend. Ob Radierungen, Drucke, Ölgemälde, oder Farbstift-Zeichnungen: Gertrud Müller ist offensichtlich mit allen diesen Methoden bestens vertraut.
«Ein Tropfen auf dem heissen Stein»
Mit ihrer Ausstellung möchte Gertrud Müller etwas bewegen. Sie sei sich bewusst, dass ihre Aktion nur ein Tropfen auf einen heissen Stein bedeute, sagt sie. «Aber ein Tropfen ist besser als gar nichts.» Vor zwei Jahren hat die Rütnerin den Pinsel beiseitegelegt, da sie in ihrer Wohnung keinen Platz mehr für neue Bilder hat. Seitdem ist ihr grosser Wunsch, für ihre Werke einen guten neuen Platz zu finden, solange sie sich noch selbst darum kümmern kann.
Im Gespräch mit der Künstlerin wird ihre Betroffenheit angesichts des Leids in der Ukraine deutlich: Man könne es sich kaum vorstellen, was es bedeute, wenn man sein trautes Heim im Bombenhagel verlassen müsse, sagt sie. «Ich würde auch gerne jemanden bei mir aufnehmen, aber der Platz wäre zu eng.» Ebenso bezweifelt sie, dass sie in ihrem Alter noch eine gute Gastgeberin wäre. Als sie sich wieder um neue Besucher kümmert, kommt man nicht umhin, Gertrud Müller für ihre menschliche Grösse und ihr malerisches Talent zu bewundern.