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Bubikon
31.03.2022

«Ich wünsche dem neuen Gemeinderat alles erdenklich Gute»

Thomas Illi bedankt sich am Wahl-Apéro vom 27. März 2022 bei Andrea Keller für die tolle Zusammenarbeit.
Thomas Illi bedankt sich am Wahl-Apéro vom 27. März 2022 bei Andrea Keller für die tolle Zusammenarbeit. Bild: Heidi Marty
Thomas Illi (EVP) wurde 2018 in den Gemeinderat von Bubikon gewählt und übernahm das Ressort Finanzen. Bei den Erneuerungswahlen vom 27. März 2022 schieden er und sein Kollege Anton Diethelm (Die Mitte) aus. Zürioberland24 hat sich mit Thomas Illi über seine Zeit im Gemeinderat und seine Zukunftspläne unterhalten.

Zürioberland24: Am vergangenen Wochenende wurden Sie aus dem Gemeinderat abgewählt. Waren Sie überrascht?

Thomas Illi: Überrascht nicht unbedingt. Das hat sich nach den kritischen Leserbriefen gegen Andrea Keller und mich abgezeichnet. Überrascht war eher mein Umfeld.

Waren Sie sehr enttäuscht, dass es nicht gereicht hat?

Natürlich bin ich enttäuscht. Aber wer sich einer demokratischen Wahl stellt, muss auch damit rechnen, nicht gewählt zu werden. Gefreut haben mich die vielen aufmunternden Rückmeldungen aus meinem Umfeld.

Warum, denken Sie, hat es nicht geklappt mit der Wiederwahl?

Es war klar, dass das Volk die zwei «Neuen» wollte. Die Frage war nur, wer von den «Alten» dran glauben muss. Da waren die wählerstarken Parteien natürlich sehr aktiv. Leidtragende waren die parteilose Andrea Keller und die beiden Gemeinderäte der kleinen Parteien Die Mitte und EVP. Und natürlich standen Andrea Keller als Präsidentin und ich als Vizepräsident besonders im Fokus der Unzufriedenen.

«Politische Auseinandersetzungen sind etwas Lustvolles, aber wenn es persönlich wird, dann wird es schwierig.»
Thomas Illi, Gemeinderat von Bubikon

Wenn Sie auf Ihre Zeit als Gemeinderat zurückblicken: Was hat Sie am meisten geprägt? Was war positiv?

Schön war die grosse Einheit im Kollegium, über alle Parteigrenzen hinweg. Ich nehme Freundschaften mit, die bleiben werden, vor allem die Freundschaft zur Präsidentin.

Geprägt hat mich der intime Blick hinter die teils biedere Fassade von Bubikon und gewisse politische Mechanismen im Dorf. Da ist oft mehr Schein als Sein. Aber darüber kann man ja nicht öffentlich sprechen…

Worauf sind Sie stolz?

Als Finanzvorstand konnte ich gemeinsam mit dem Gemeinderat die Gemeindefinanzen stabilisieren. Es konnten Schulden abgebaut werden, und wir haben vier Jahre hintereinander ein positives Resultat erreicht.

«Die internen Differenzen, die man der Gemeinde nachgesagt hat, stimmen einfach nicht.»
Thomas Illi

Wie haben Sie die Zusammenarbeit im Gemeinderat empfunden?

Die Zusammenarbeit war wirklich gut, auch mit Hans-Christian Angele, der sich bestens ins Kollegium integriert hat. Ich habe nie Streit erlebt oder unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten. Es war eine grosse Stärke der Präsidentin, die Leute zu einen, Kompromisse zu suchen und auch zu finden. Die allermeisten Entscheide im Gemeinderat fielen einstimmig. Man ging immer im Guten auseinander.

Die Behauptungen, dass in der Gemeindeverwaltung schlimme Zustände herrschen würden, stimmen einfach nicht. Das hat ja auch eine unabhängige Untersuchung bestätigt. Doch das hatte niemanden mehr interessiert.

Wie denken Sie, wird der neue Gemeinderat funktionieren?

Das Wahlergebnis mit zwei beziehungsweise drei Abwahlen bedeutet wieder einen grossen Aderlass an Knowhow im Gemeinderat. Ein neuer Ressortvorstand braucht, bis er alle Zyklen durchhat, ein Jahr. Da verliert Bubikon wieder viel Zeit für die wichtigen anstehenden Probleme, vor allem im Bereich Liegenschaften-Strategie und deren Umsetzung.

Vor welchen weiteren Herausforderungen steht der Gemeinderat Ihrer Meinung nach?

Der Gemeinderat muss Vertrauen gewinnen. Das war auch unser Ziel vor vier Jahren, aber man hat uns dafür keine Zeit gelassen. Bereits nach wenigen Wochen wurde unser erstes Budget abgelehnt, obschon es dann drei Monate später doch unverändert angenommen wurde. Ich hoffe, dass das dem neuen Gemeinderat nicht auch passiert und man den Neuen eine echte Chance gibt.

Neu wird eine sehr junge Person Teil des Gemeinderates sein. Wie denken Sie darüber?

Es ist gut, dass die Jungen auch im Gemeinderat vertreten sind. Aber nur jung sein genügt nicht. Für junge Politiker:innen kann es frustrierend sein, wenn sie realisieren, dass man als Gemeinderat im Kollegialitätsprinzip eine einheitliche Meinung nach aussen vertreten muss, auch wenn die nicht immer mit der eigenen politischen Überzeugung übereinstimmt. Die neue Gemeinderätin weckt sehr hohe Erwartungen. Ich hoffe, dass sie die auch erfüllen kann. Ich wünsche ihr und allen anderen auf jeden Fall alles erdenklich Gute.

«Enten füttern liegt mir nicht. Ich werde mich auch in Zukunft engagieren.»
Thomas Illi

Haben Sie schon Pläne für die Zeit danach?

Oh ja! Im Januar bin ich zum ersten Mal Grossvater geworden. Ich werde also Zeit haben, ein engagierter Grossvater zu sein. Und ich werde Zeit zum Schreiben haben. Etwas Journalismus, vielleicht aber auch ein Buch. Ich habe mehrere ungeschriebene Bücher im Kopf. Und ich werde ein neues wichtiges Engagement eingehen als Präsident des Vereins Tagesfamilien Zürcher Oberland.

Warum gerade dort?

Es ist wichtig, dass junge Familien, die nicht auf die Grosseltern zählen können, passende Betreuungsangebote haben, damit sie beruflich weitermachen können.

Thomas Illi, Jahrgang 1957, ist verheiratet, hat zwei erwachsene Söhne und wohnt mit seiner Frau seit 1994 in Wolfhausen. Der Journalist BR war u.a. Präsident der EVP Bubikon und der EVP Bezirk Hinwil, Kirchenpflegepräsident und Mitglied der Bezirkskirchenpflege. Seine Freizeit verbringt er gerne mit Schreiben und Segeln.

Barbara Tudor