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Rüti ZH
16.01.2022

Gemeindefusion: «Sinnvoll, aber kein akuter Handlungsbedarf»

Ein ZHAW-Bericht sieht keinen dringenden Handlungsbedarf für eine Fusion.
Ein ZHAW-Bericht sieht keinen dringenden Handlungsbedarf für eine Fusion. Bild: Zürioberland24/pixabay.com
Sinnvoll, ein langfristiges Projekt mit emotionalen Risiken, aber aktuell kein grosser Handlungsdruck. So lässt sich das Fazit im Prüfbericht zu einer Fusion der drei Gemeinden Bubikon, Dürnten und Rüti zusammenfassen. Zu dieser Einschätzung gelangt die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW).

Die ZHAW hat im Auftrag der Gemeinden Dürnten und Rüti ZH einen Prüfbericht zum Thema einer solchen Fusion erarbeitet. Laut ZHAW-Studie sprechen Chancen und Risiken grundsätzlich für eine Fusion, es gebe aber keinen akuten Handlungsbedarf, zu fusionieren.

Auslöser Prüfungsinitiativen vom März 2020

Dieser Prüfbericht wird der nächsten Rütner Gemeindeversammlung, welche voraussichtlich am 21. März 2022 stattfindet, zur Kenntnisnahme vorgelegt. Den Dürntnern Stimmberechtigten wurde der Bericht bereits an der Gemeindeversammlung im Dezember zur Kenntnis gebracht.

Auslöser für den Auftrag an die ZHAW waren parallele Prüfungsinitiativen, die in den drei Gemeinden Bubikon, Dürnten und Rüti ZH zwei Jahre zuvor eingereicht wurden. Sie forderten unter dem Titel «Zusammenschluss Bubikon – Dürnten – Rüti: Stärkung unserer vernetzten Region» Schritte zur Fusion der drei Gemeinden.

Die Gemeindeversammlung Bubikon lehnte die Initiative ab. Die Stimmberechtigten von Rüti ZH und Dürnten hingegen stimmten ihr im September 2020 zu. Damit erhielten die Exekutiven der beiden Gemeinden den Auftrag, einen Zusammenschluss aller drei in den Initiativen genannten Gemeinden zu prüfen und die Ergebnisse innerhalb von 18 Monaten den jeweiligen Gemeindeversammlungen vorzulegen. Dürnten und Rüti ZH beauftragten gemeinsam die ZHAW, einen Prüfbericht zu erstellen.

Vieles spricht für eine Fusion

Die Studie kommt zum Schluss, dass die Fusion von zwei oder drei Gemeinden Vorteile gegenüber den einzelnen Gemeinden hätte. Besonders grosse Chancen liegen in der Möglichkeit, eine gesamthafte Siedlungsentwicklung zu gewährleisten. Dies würde durch eine integrierte und gesamtheitliche Raumplanung erreicht.

Auch die Koordination gemeindeübergreifender Themen würde sich bei einer Fusion verbessern, befindet der Prüfbericht. Hingegen käme es in einer grösseren Verwaltung wahrscheinlich zu einem Mehraufwand bei der internen Koordination.

Ausgaben für Ämter würden sinken

In einer grösseren Fusionsgemeinde könnten Kandierende für Behörden und Kommissionen mit einer grösseren Entschädigung rechnen, gleichzeitig müssten weniger Ämter besetzt werden. Deshalb würden die Ausgaben für Behördenämter, die letztlich die Steuerzahlenden tragen müssten, trotzdem sinken.

Auf dem Stellenmarkt schliesslich wäre  eine grössere, fusionierte Gemeinde attraktiver, weil sie spezialisiertere Stellen anbieten könnte und so noch besser qualifiziertes Personal anzöge. «Diese Spezialisierung würde sich direkt wieder auf die Qualität der Leistungen auswirken», sind die Studienverfassenden überzeugt.

Emotionale Aspekte spielen eine Rolle

Bei den Themen, die eher emotional besetzt sind, ergibt sich laut Prüfbericht ein gemischtes Bild. Chancen werden bei «weitgehend identischen Stärken und Schwächen» gesehen.

Risiken ergeben sich hauptsächlich bei den emotionalen Faktoren: Wenn sich beispielsweise ein Teilort untervertreten oder in seinen Eigenheiten nicht beachtet fühlt, könnte nach einer Fusion eine inhaltliche und emotionale Distanz zwischen Bevölkerung und Politik/Behörden entstehen. Eine solche Gefahr wird möglicherweise aber auch überschätzt, da sich viele Einwohnerinnen und Einwohner sowieso eher als Tanner, Fägschwilerin oder Wolfhauser fühlen – und weniger als Dürntnerin, Rütner oder Bubikerin.

Ein weiteres Risiko könnte der neue Gemeindename sein, der in Teilen der Bevölkerung nicht akzeptiert werden könnte. Oder teils längere Distanzen zur Gemeindeverwaltung. Dem stünde entgegen, dass eine fusionierte Gemeinde ein attraktiveres Leistungsportfolio hätte.

Kein dringender Handlungsbedarf

Die Autorinnen und Autoren der ZHAW ziehen folgende Schlüsse:

  • Die Voraussetzungen für eine Fusion der drei politischen Gemeinden sind gegeben. Es besteht ein Vorteil der Fusion gegenüber der jetzigen Situation, wenn man auf die Chancen und Risiken abstellt.
  • Eine Fusion ist jedoch ein langfristiges Projekt, dessen Vorteile sich kurzfristig nicht sofort realisieren lassen und in den ersten Jahren auch zusätzlichen Aufwand und diverse Unsicherheiten bei Bevölkerung, Politik und Verwaltung bedeuten.
  • Gegen eine Fusion sprechen eher die emotionalen Faktoren wie Bürgernähe oder Identität mit der Gemeinde, die jedoch einen erheblichen Einfluss auf das Zustandekommen haben.
  • Zusätzlich sollte laut ZHAW noch bedacht werden, dass es keinen unmittelbaren und dringlichen Grund für eine Gemeindefusion der drei Gemeinden gibt. Sowohl die finanzielle Situation der Gemeinden als auch die Verwaltungsleistungen deuten nicht auf grossen Handlungsdruck hin.

Fokus auf stärkere Zusammenarbeit

Wie der Rütner Gemeinderat in seiner Mitteilung schreibt, begrüsst er die fundierte und faktenbasierte Analyse durch die ZHAW sowie auch die Einschätzung der objektiven Chancen und Risiken einer Fusion. Er teile auch das ZHAW-Fazit, dass die Fakten grundsätzlich für eine Fusion sprechen und eine fusionierte Gemeinde mit rund 30‘000 Einwohnerinnen und Einwohnern eine deutlich stärkere Position einnehmen könnte als dies den drei einzelnen Gemeinden aktuell möglich sei.

Ebenso findet der Rütner Gemeinderat, dass kein akuter Handlungsbedarf bestehe und nun der Fokus auf eine gezielte Verstärkung der bereits heute gepflegten Zusammenarbeit zwischen den drei Gemeinden gelegt werden solle. Die Zusammenarbeit funktioniere in vielen Bereichen schon seit langem und habe sich bewährt.

Wie weiter mit dem Thema Fusion?

Grundsätzlich können die Gemeindeexekutiven, also die Gemeinderäte, nun von sich aus aktiv werden und eine Fusion anstreben. Oder sie werden von Stimmberechtigten mit einer weiteren Initiative dazu verpflichtet, Zusammenschlussverhandlungen aufzunehmen und in der Folge einen  Zusammenschlussvertrag auszuarbeiten.

Der Rütner Gemeinderat legt den Stimmberechtigten den ZHAW-Bericht an der kommenden Gemeindeversammlung zur Kenntnisnahme vor. Über eine Fusion oder weitere Schritte in eine solche Richtung werde am 22. März aber nicht entschieden.

> ZHAW-Bericht zum Nachlesen

Zürioberland24